Zwischen Schutzgöttern und internationalem Starruhm: Eine Analyse der Haltung des 14. Dalai Lama zu Modernität und Buddhismus

Georges B. Dreyfus
Religionswissenschaftliches Institut
Williams College

Die Dalai Lamas

»Die Dalai Lamas werden von ihren Anhängern als fortgeschrittene Mahayana Bodhisattvas angesehen, mitfühlende Wesen, die sozusagen ihren eigenen Eintritt in das Nirvana zurückgestellt haben, um der leidenden Menschheit zu helfen. Sie sind demnach auf einem guten Wege zur Buddhaschaft, sie entwickeln Perfektion in ihrer Weisheit und ihrem Mitgefühl zum Wohle aller Wesen. Dies rechtertigt, in Form einer Doktrin, die soziopolitische Mitwirkung der Dalai Lamas, als Ausdruck des mitfühlenden Wunsches eines Bodhisattvas, anderen zu helfen.«

»Hier sollten wir zwei Dinge feststellen, die der Dalai Lama nicht ist: Erstens, er ist nicht in einem einfachen Sinne ein ›Gott-König‹. Er mag eine Art König sein, aber er ist kein Gott für den Buddhismus. Zweitens, ist der Dalai Lama nicht das ›Oberhaupt des Tibetischen Buddhismus‹ als Ganzes. Es gibt zahlreiche Traditionen im Buddhismus. Manche haben ein Oberhaupt benannt, andere nicht. Auch innerhalb Tibets gibt es mehrere Traditionen. Das Oberhaupt der Geluk Tradition ist der Abt des Ganden Klosters, als Nachfolger von Tsong kha pa, dem Begründer der Geluk Tradition im vierzehnten/fünfzehnten Jahrhundert.«

Paul Williams, »Dalai Lama«, in
Clarke, P. B., Encyclopedia of New Religious Movements
(New York: Routledge, 2006), S. 136.

Regierungsverantwortung der Dalai Lamas

»Nur wenige der 14 Dalai Lamas regierten Tibet und wenn, dann meist nur für einige wenige Jahre.«

(Brauen 2005:6)

»In der Realität dürften insgesamt kaum mehr als fünfundvierzig Jahre der uneingeschränkten Regierungsgewalt der Dalai Lamas zusammenkommen. Die Dalai Lamas sechs und neun bis zwölf regierten gar nicht, die letzten vier, weil keiner von ihnen das regierungsfähige Alter erreichte. Der siebte Dalai Lama regierte uneingeschränkt nur drei Jahre und der achte überhaupt nur widerwillig und auch das phasenweise nicht allein. Lediglich der fünfte und der dreizehnte Dalai Lama können eine nennenswerte Regieruagsbeteiligung oder Alleinregierung vorweisen. Zwischen 1750 und 1950 gab es nur achtunddreißig Jahre, in denen kein Regent regierte!«

Jan-Ulrich Sobisch,
Lamakratie – Das Scheitern einer Regierungsform, S. 182,
Universität Hamburg

Der Fünfte Dalai Lama, Ngawang Lobsang Gyatso (1617–1682)

Der Fünfte Dalai Lama, Ngawang Lobsang Gyatso

»Der fünfte Dalai Lama, der in der tibetischen Geschichte einfach ›Der Große Fünfte‹ genannt wird, ist bekannt als der Führer, dem es 1642 gelang, Tibet nach einem grausamen Bürgerkrieg zu vereinigen. Die Ära des fünften Dalai Lama (in etwa von seiner Einsetzung als Herrscher von Tibet bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts, als seiner Regierung die Kontrolle über das Land zu entgleiten begann) gilt als prägender Zeitabschnitt bei der Herausbildung einer nationalen tibetischen Identität – eine Identität, die sich im Wesentlichen auf den Dalai Lama, den Potala-Palast der Dalai Lamas und die heiligen Tempel von Lhasa stützt. In dieser Zeit wandelte sich der Dalai Lama von einer Reinkarnation unter vielen, wie sie mit den verschiedenen buddhistischen Schulen assoziiert waren, zum wichtigsten Beschützer seines Landes. So bemerkte 1646 ein Schriftsteller, dass dank der guten Werke des fünften Dalai Lama ganz Tibet jetzt »unter dem wohlwollenden Schutz eines weißen Sonnenschirms zentriert« sei; und 1698 konstatierte ein anderer Schriftsteller, die Regierung des Dalai Lama diene dem Wohl Tibets ganz so wie ein Bodhisattva – der heilige Held des Mahayana Buddhismus – dem Wohl der gesamten Menschheit diene.«

Kurtis R. Schaeffer, »Der Fünfte Dalai Lama Ngawang Lobsang Gyatso«, in
DIE DALAI LAMAS: Tibets Reinkarnation des Bodhisattva Avalokiteśvara,
ARNOLDSCHE Art Publishers,
Martin Brauen (Hrsg.), 2005, S. 65

Der Fünfte Dalai Lama: Beurteilungen seiner Herrschaft I

»Gemäß der meisten Quellen war der [5.] Dalai Lama nach den Maßstäben seiner Zeit ein recht toleranter und gütiger Herrscher.«

Paul Williams, »Dalai Lama«, in
(Clarke, 2006, S. 136)

»Rückblickend erscheint Lobsang Gyatso, der ›Große Fünfte‹, dem Betrachter als überragende, allerdings auch als widersprüchliche Gestalt.«

Karl-Heinz Golzio / Pietro Bandini,
»Die vierzehn Wiedergeburten des Dalai Lama«,
O.W. Barth Verlag, 1997, S. 118

»Einmal an der Macht, zeigte er den anderen Schulen gegenüber beträchtliche Großzügigkeit. […] Ngawang Lobsang Gyatso wird von den Tibetern der ›Große Fünfte‹ genannt, und ohne jeden Zweifel war er ein ungewöhnlich kluger, willensstarker und doch gleichzeitig großmütiger Herrscher.«

Per Kvaerne, »Aufstieg und Untergang einer klösterlichen Tradition«, in:
Berchert, Heinz; Gombrich, Richard (Hrsg.):
»Der Buddhismus. Geschichte und Gegenwart«,
München 2000, S. 320

Der Fünfte Dalai Lama: Beurteilungen seiner Herrschaft II

»Viele Tibeter gedenken insbesondere des V. Dalai Lama bis heute mit tiefer Ehrfurcht, die nicht allein religiös, sondern mehr noch patriotisch begründet ist: Durch großes diplomatisches Geschick, allerdings auch durch nicht immer skrupulösen Einsatz machtpolitischer und selbst militärischer Mittel gelang es Ngawang Lobzang Gyatso, dem ›Großen Fünften‹, Tibet nach Jahrhunderten des Niedergangs wieder zu einen und in den Rang einer bedeutenden Regionalmacht zurückzuführen. Als erster Dalai Lama wurde er auch zum weltlichen Herrscher Tibets proklamiert. Unter seiner Ägide errang der Gelugpa-Orden endgültig die Vorherrschaft über die rivalisierenden lamaistischen Schulen, die teilweise durch blutigen Bürgerkrieg und inquisitorische Verfolgung unterworfen oder außer Landes getrieben wurden.

Jedoch kehrte der Dalai Lama in seiner zweiten Lebenshälfte, nach Festigung seiner Macht und des tibetischen Staates, zu einer Politik der Mäßigung und Toleranz zurück, die seinem Charakter eher entsprach als die drastischen Maßnahmen, durch die er zur Herrschaft gelangte. Denn Ngawang Lobzang Gyatso war nicht nur ein Machtpolitiker und überragender Staatsmann, sondern ebenso ein spiritueller Meister mit ausgeprägter Neigung zu tantrischer Magie und lebhaftem Interesse auch an den Lehren anderer lamaistischer Orden. Zeitlebens empfing er, wie die meisten seiner Vorgänger, gebieterische Gesichte, die er gegen Ende seines Lebens in seinen ›Geheimen Visionen‹ niederlegte.«

(Golzio, Bandini 1997: 95)

Der Dreizehnte Dalai Lama, Thubten Gyatso (1876–1933)

Der Dreizehnte Dalai Lama, Thubten Gyatso

»Ein anderer, besonders wichtiger Dalai Lama war der Dreizehnte (1876–1933). Als starker Herrscher versuchte er, im Allgemeinen ohne Erfolg, Tibet zu modernisieren. ›Der große Dreizehnte‹ nutzte den Vorteil des schwindenden Einflusses China im 1911 beginnenden Kollaps dessen Monarchie, um faktisch der vollständigen nationalen Unabhängigkeit Tibets von China Geltung zu verschaffen. Ein Fakt, den die Tibeter von jeher als Tatsache erachtet haben.«

Paul Williams, »Dalai Lama«, in
(Clarke, 2006, S. 137)

»Manche mögen sich vielleicht fragen, wie die Herrschaft des Dalai Lama im Vergleich mit europäischen oder amerikanischen Regierungschefs einzuschätzen ist. Doch ein solcher Vergleich wäre nicht gerecht, es sei denn, man geht mehrere hundert Jahre in der europäischen Geschichte zurück, als Europa sich in demselben Zustand feudaler Herrschaft befand, wie es in Tibet heutzutage der Fall ist. Ganz sicher wären die Tibeter nicht glücklich, wenn sie auf dieselbe Art regiert würden wie die Menschen in England; und man kann wahrscheinlich zu Recht behaupten, dass sie im Großen und Ganzen glücklicher sind als die Völker Europas oder Amerikas unter ihren Regierungen. Mit der Zeit werden große Veränderungen kommen; aber wenn sie nicht langsam vonstatten gehen und die Menschen nicht bereit sind, sich anzupassen, dann werden sie große Unzufriedenheit verursachen. Unterdessen läuft die allgemeine Verwaltung Tibets in geordneteren Bahnen als die Verwaltung Chinas; der tibetische Lebensstandard ist höher als der chinesische oder indische; und der Status der Frauen ist in Tibet besser als in beiden genannten Ländern.«

Sir Charles Bell, »Der Große Dreizehnte:
Das unbekannte Leben des XIII. Dalai Lama von Tibet«,
Bastei Lübbe, 2005, S. 546

Der Dreizehnte Dalai Lama: Beurteilungen seiner Herrschaft

»War der Dalai Lama im Großen und Ganzen ein guter Herrscher? Dies können wir mit Sicherheit bejahen, auf der geistlichen ebenso wie auf der weltlichen Seite. Was erstere betrifft, so hatte er die komplizierte Struktur des tibetischen Buddhismus schon als kleiner Junge mit ungeheurem Eifer studiert und eine außergewöhnliche Gelehrsamkeit erreicht. Er verlangte eine strengere Befolgung der mönchischen Regeln, veranlasste die Mönche, ihren Studien weiter nachzugehen, bekämpfte die Gier, Faulheit und Korruption unter ihnen und verminderte ihren Einfluss auf die Politik. So weit wie möglich kümmerte er sich um die zahllosen religiösen Bauwerke. In summa ist ganz sicher festzuhalten, dass er die Spiritualität des tibetischen Buddhismus vergrößert hat.

Auf der weltlichen Seite stärkte er Recht und Gesetz, trat in engere Verbindung mit dem Volk, führte humanere Grundsätze in Verwaltung und Justiz ein und, wie oben bereits gesagt, verringerte die klösterliche Vorherrschaft in weltlichen Angelegenheiten. In der Hoffnung, damit einer chinesischen Invasion vorbeugen zu können, baute er gegen den Widerstand der Klöster eine Armee auf; vor seiner Herrschaft gab es praktisch keine Armee. In Anbetracht der sehr angespannten tibetischen Staatsfinanzen, des intensiven Widerstands der Klöster und anderer Schwierigkeiten hätte er kaum weiter gehen können, als er es tat.

Im Verlauf seiner Regierung beendete der Dalai Lama die chinesische Vorherrschaft in dem großen Teil Tibets, den er beherrschte, indem er chinesische Soldaten und Beamte daraus verbannte. Dieser Teil Tibets wurde zu einem vollkommen unabhängigen Königreich und blieb dies auch während der letzten 20 Jahre seines Lebens.«

Sir Charles Bell in (Bell 2005: 546–47)

Der Vierzehnte Dalai Lama, Tenzin Gyatso

Der Vierzehnte Dalai Lama, Tenzin Gyatso

»Der jetzige vierzehnte Dalai Lama (Tenzin Gyatso) wurde 1935 geboren. Die Chinesen besetzten Tibet in den frühen 1950er Jahren, der Dalai Lama verließ Tibet 1959. Er lebt jetzt als Flüchtling in Dharamsala, Nordindien, wo er der Tibetischen Regierung im Exil vorsteht. Als gelehrte und charismatische Persönlichkeit, hat er aktiv die Unabhängigkeit seines Landes von China vertreten. Durch seine häufigen Reisen, Belehrungen und Bücher macht er den Buddhismus bekannt, engagiert sich für den Weltfrieden sowie für die Erforschung von Buddhismus und Wissenschaft. Als Anwalt einer ›universellen Verantwortung und eines guten Herzens‹, erhielt er den Nobelpreis im Jahre 1989.«

Paul Williams, »Dalai Lama«, in
(Clarke, 2006, S. 137)

Biografie (engl.)

Moralische Legitimation der Herrschaft Geistlicher

Für Sobisch ist die moralische Legitimation der Herrschaft Geistlicher »außerordentlich zweifelhaft«. Er konstatiert:

»Es zeigte sich auch in Tibet, daß moralische Integrität nicht automatisch mit der Zugehörigkeit zu einer Gruppe von Menschen erlangt wird, sondern allein auf persönlichen Entscheidungen basiert. Vielleicht sind es ähnliche Überlegungen gewesen, die den derzeitigen, vierzehnten Dalai Lama dazu bewogen haben, mehrmals unmißverständlich zu erklären, daß er bei einer Rückkehr in ein freies Tibet kein politische Amt mehr übernehmen werde. Dies ist, so meine ich, keine schlechte Nachricht. Denn dieser Dalai Lama hat bewiesen, daß man auch ohne ein international anerkanntes politisches Amt inne zu haben durch ein glaubhaft an ethischen Grundsätzen ausgerichtetes beharrliches Wirken einen enormen Einfluss in der Welt ausüben kann.«

Jan-Ulrich Sobisch,
Lamakratie – Das Scheitern einer Regierungsform, S. 190,
Universität Hamburg

S.H. der XIV. Dalai Lama, Tenzin Gyatso

Nie zuvor war der Dalai Lama auf dem internationalen Parkett so präsent wie in den letzten Jahren. Ja, man kann ohne Übertreibung sagen, dass er so etwas wie ein internationaler Star geworden ist: Seine Besuche sind Medienereignisse, seine Lehrveranstaltungen sind ausverkauft und seine Bücher gelangen ohne Ausnahme in die Bestsellerlisten. Für viele ist er zum Kultsymbol geworden, zum Inbegriff einer authentischen und wertvollen buddhistischen Tradition - Inspirationsquelle und moralische Instanz zugleich. Er wird nicht nur von Tibetern bewundert, die in ihm die Verkörperung ihrer nationalen Sehnsüchte sehen, sondern ebenso von einem gebildeten Publikum in Industrieländern wie Frankreich, Taiwan oder den USA, wo er für viele zum Inbegriff von buddhistischem Mitgefühl geworden ist.

Der plötzliche Ruhm einer Person, die zuvor von der internationalen Öffentlichkeit lange Zeit kaum beachtet wurde, macht stutzig. Wie kommt es, dass der Dalai Lama heute so viele Menschen fasziniert, nachdem er lange gar nicht oder höchstens als Kuriosum aus einer fremden Welt zur Kenntnis genommen wurde? Diese Frage ist besonders interessant, wenn man die Reaktion seines Publikums im Westen betrachtet. Dort brilliert der Dalai Lama nämlich selten mit seiner enormen Gelehrsamkeit und seinem beträchtlichen intellektuellen Scharfsinn, sondern fordert seine Zuhörer meist in einfachen Worten zu Mitgefühl und Toleranz auf. Derartige Ermahnungen lassen die meisten Leute gewöhnlich kalt, doch aus dem Munde des Dalai Lama lösen sie Begeisterung aus. Da geschieht offensichtlich mehr, als sich auf den ersten Blick erkennen lässt. Doch was? Sicher, Kommunikation besteht nicht nur aus Worten. Auch die Gegenwart eines Menschen, der sich selbstlos dem Wohl seines Volkes verschrieben hat und in hohem Maße lebt, was er predigt, spielt hier eine entscheidende Rolle. Wenn also der Dalai Lama sein Publikum zum Mitgefühl mahnt, dann reagieren die Leute nicht nur auf den Inhalt seiner Worte, sondern auch auf seine persönlichen Qualitäten, sein tief empfundenes Mitgefühl, seine enorme Intelligenz, sein Charisma und seine Kommunikationsfähigkeit.

Im vorliegenden Artikel möchte ich zeigen, dass dies als Erklärung nicht ausreicht. Ich habe den gegenwärtigen Dalai Lama mehrmals getroffen und bewundere ihn sehr. Ich bin absolut überzeugt von seinen menschlichen Qualitäten, wie sie in seinen Worten und Taten zum Ausdruck kommen. Doch als Religionswissenschaftler weiß ich auch, dass seine Berühmtheit nicht bloß auf seinen persönlichen Qualitäten beruht, so bewundernswert diese auch sein mögen. Schließlich gibt es auf der Welt noch andere Menschen mit außergewöhnlichen Qualitäten, die sich nicht im entferntesten einer solchen Popularität erfreuen. Die Berühmtheit des Dalai Lama hat auch etwas mit der Art und Weise zu tun, wie er von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird - mit dem, was seine Zuhörer auf ihn projizieren. Der Dalai Lama wird nicht nur bewundert, weil er außerordentliche persönliche Qualitäten hat, sondern weil er in den Augen seines Publikums gewisse Ideale verkörpert. Doch welche Ideale? Inwiefern ist die Bewunderung seiner Anhänger überhaupt gerechtfertigt? Handelt es sich dabei vielleicht bloß um typisch westliche Projektionen eines orientalistisch angehauchten Wunschdenkens?

Ich werde diese Fragen hier zu beantworten versuchen, indem ich einige der Vorstellungen untersuche, mit denen der Dalai Lama vor allem im Westen assoziiert wird, wo er vielen als Verkörperung der grundlegenden buddhistischen Prinzipien gilt. Ich möchte zeigen, dass diese Vorstellungen zu einem Gebilde gehören, das oft als buddhistischer Modernismus bezeichnet wird und bei dem es sich eher um eine moderne Umformung der Tradition als um einen Ausdruck ihrer unwandelbaren Essenz handelt. Außerdem werde ich zeigen, dass die Beschreibung »buddhistischer Modernist« auf die Ansichten und Praktiken des Dalai Lama nur teilweise zutrifft. Dabei beziehe ich mich in erster Linie auf eine Kontroverse jüngeren Datums um einen bis dahin relativ obskuren Gott namens Dorje Shugden (rdo rje shugs ldan). Die Haltung des Dalai Lama in dieser Kontroverse lässt deutlich erkennen, dass er auch heute ein weitgehend traditionalistischer buddhistischer Meister ist, dessen Ideen und Praktiken von der friedfertigen Version des Buddhismus abweichen, mit der er im Westen gleichgesetzt wird. Zum Schluss komme ich dann noch kurz auf Komplexitäten und Spannungen zu sprechen, die sich aus dem Nebeneinander dieser beiden scheinbar unvereinbaren ideellen Bezugsrahmen, dem modernistischen und dem traditionalistischen, in ein und derselben Person ergeben.

Der Dalai Lama als buddhistischer Modernist

Die Bezeichnung »buddhistischer Modernismus« bezieht sich auf ein Buddhismusverständnis, das in der buddhistischen Welt - vor allem im Theravada - zu Ende des 19. Jahrhunderts als Reaktion auf die wachsende westliche Vorherrschaft entstand.¹ Der buddhistische Modernismus wollte einen Gegenentwurf zur negativen kolonialen Darstellung des Buddhismus liefern, indem er die buddhistische Tradition in modernen und positiven Begriffen fasste. In dieser modernen Perspektive wurde der Buddhismus den übrigen Weltreligionen, insbesondere dem Christentum der Kolonialherren, als ebenbürtig, ja in verschiedener Hinsicht sogar als überlegen dargestellt - schließlich verfügte er über einen eigenen Begründer, heilige Schriften und eine philosophische Tradition. Der Buddhismus beruht auf Vernunft und Erfahrung und setzt keinen blinden Glauben an eine höhere Autorität voraus. So gesehen ist er eine hochrationale Weltschau, die sich problemlos mit einer modernen wissenschaftlichen Sichtweise vereinbaren lässt, auf deren Autorität er sich dann auch beruft. Er wird zuweilen sogar als eine empirische »innere Wissenschaft« präsentiert, deren Erkenntniswert der moderne Westen bloß noch nicht entdeckt hat. Als Religion, sofern dieser Begriff überhaupt zutrifft, sei der Buddhismus nicht an Dogmen und Institutionen interessiert, heißt es, sondern beschränke sich darauf, seinen Anhängern einen Weg zur Überwindung des Leidens zu zeigen. Er erscheint in diesem Licht als eine äußerst ethische Lehre, die sich der Gewaltlosigkeit und der Bereitstellung wertvoller Mittel für soziales Handeln verschrieben hat. Seine bevorzugte Technik sei die Meditation, welche dem Ritual, das als populärer Aberglaube oder als Zugeständnis an die Bedürfnisse der Laien abgetan wird, in jeder Hinsicht überlegen sei.²

Wie man sieht, trifft diese Beschreibung recht gut auf das Glaubenssystem vieler zeitgenössischer Buddhisten zu, besonders im Westen. Hier ist der Buddhismus für viele eher Philosophie als Religion, mehr eine Form der Spiritualität, die mit der Wissenschaft im Einklang steht, als ein Glaube, der die Unterordnung unter eine Lehre voraussetzt. In folgender Aussage des Dalai Lamas kommt diese Sicht des Buddhismus zum Ausdruck: »Nehmen wir an, etwas sei durch wissenschaftliche Untersuchung eindeutig bewiesen. Eine gewisse Hypothese sei bestätigt und aus einer wissenschaftlichen Untersuchung resultiere eine Tatsache. Und nehmen wir weiter an, diese Tatsache lasse sich nicht mit der buddhistischen Theorie vereinbaren. Zweifellos müssen wir das Resultat der wissenschaftlichen Forschung akzeptieren. Sehen Sie, die allgemeine Haltung des Buddhismus gegenüber den Tatsachen ist, dass wir diese anerkennen müssen. Bloße Spekulation ohne empirische Grundlage . . . genügt nicht. Wir müssen den Tatsachen immer ins Auge sehen. Wenn also eine Hypothese getestet und für richtig befunden wird, dann stellt sie eine Tatsache dar, und wir müssen sie akzeptieren.«³

Ein Buddhismus, der auf empirischen Grundlagen beruht und den wissenschaftlichen Geist der Gegenwart begrüßt, findet bei vielen modernen Menschen Anklang. Sie folgen begeistert einem Buddhismusverständnis, das Forschungsfreiheit, Toleranz, Mitgefühl und durch persönliches Suchen erworbene Weisheit zu seinen Grundlagen erklärt. Dies ist, so denken sie, das wahre Wesen der buddhistischen Tradition, alles andere sind Verformungen, die auf historische Zufälle und die Einwirkung lokaler Kulturen zurückzuführen sind.

Nun gibt es allerdings nicht wenige, die ein solch modernistisches Buddhismusverständnis für eine äußerst selektive Neuinterpretation der buddhistischen Tradition halten, die in Wirklichkeit wesentlich mehr umfasst als nur die hier erwähnten Punkte. So unterschlägt die modernistische Perspektive zentrale Aspekte der Tradition wie Rituale, Mythologien und Metaphysik - Aspekte also, die im kanonischen Material tief verwurzelt sind und bei der Begründung aller historisch bekannten Buddhismus-Traditionen eine wichtige Rolle gespielt haben. Weit davon entfernt, das eigentliche Wesen dieser Traditionen zum Ausdruck zu bringen, ist die modernistische Auffassung der Tradition eine von modernen Ideen über Religion und Philosophie angeregte Innovation. Sie steht der protestantischen Auffassung von Religion als einer Angelegenheit individuellen Glaubens und persönlicher Hingabe oft näher als den kommunalen Praktiken des traditionellen Buddhismus.

Einige Forscher haben darauf hingewiesen, dass viele der Ideen des Dalai Lama diesem buddhistischen Modernismus entsprechen und dass sein Erfolg zu einem guten Teil auf seiner Fähigkeit beruht, die mit dieser Haltung assoziierten Tugenden zu verkörpern. So bezeichnet Donald Lopez den Dalai Lama als »den führenden Vertreter des buddhistischen Modernismus.«⁴ Als solcher befürwortet der Dalai Lama die Gewaltlosigkeit Gandhis, partizipiert am ökumenischen Dialog und zeigt großes Interesse an Begegnungen mit Wissenschaftlern. Der Dalai Lama betont außerdem die Bedeutung bestimmter Haupttugenden und -praktiken wie Weisheit und Mitgefühl, die er als den wesentlichen Kern der Tradition den oberflächlicheren, kulturellen Äußerungen gegenüberstellt. Der Dalai Lama sagt zum Beispiel: »Wenn wir vom Wesen [einer religiösen Tradition] sprechen, stellt sich nicht die Frage der Angemessenheit, und es besteht kein Anlass, die grundlegenden Lehren zu verändern. Auf einer oberflächlichen Ebene ist Veränderung aber durchaus möglich. Ein burmesischer Mönch der Theravada-Tradition, dem ich unlängst begegnete und den ich sehr respektiere, macht eine Unterscheidung zwischen dem kulturellen Erbe und der eigentlichen Religion. Ich nenne dies den Unterschied zwischen dem Wesen einer Religion und der oberflächlichen zeremoniellen und rituellen Ebene.«⁵

Für den Dalai Lama scheint es also einen grundlegenden Unterschied zwischen dem Wesen des Buddhismus und seinem kulturellen Ausdruck zu geben, ein Unterschied, der für den buddhistischen Modernismus absolut zentral ist. Er erlaubt dem Modernisten, seine Tradition scheinbar ohne Integritätsverlust an die Umstände der Modernität anzupassen. Diese Strategie hat sich der Dalai Lama enthusiastisch zu eigen gemacht und sie hat ihm ermöglicht, so erfolgreich mit einem modernen Publikum zu kommunizieren.

Einer der Hauptgründe für diesen Erfolg ist sicherlich, dass seine Ideen den Bedürfnissen seiner Zuhörer entsprechen und sich problemlos in deren Weltbild einfügen. Das mag überraschen, erwarten doch die meisten Leute, die eine Veranstaltung des Dalai Lama besuchen, eine Begegnung mit einer außergewöhnlichen Persönlichkeit, die sie mit Ideen und Ansichten aus einer fremden, ja exotischen Tradition konfrontieren wird. Doch was sie dann zu hören bekommen, klingt oft erstaunlich vertraut. Ich würde behaupten, dass es gerade diese seltsame Mischung aus Fremdem und Bekanntem ist, die beim Publikum letztlich einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Das trifft ganz eindeutig auf die Unterscheidung zu, die der Dalai Lama zwischen der Essenz des Buddhismus und der oberflächlicheren rituellen Ebene macht. Für ein modernes Publikum ist dies ein reizvoller Gedanke, entspricht er doch genau der im modernen Westen geläufigen Vorstellung von Religion als individuellem Glaubensbekenntnis. Vorgetragen von einer Person mit der natürlichen Autorität und den offensichtlichen Qualitäten eines Dalai Lama, erhält diese Vorstellung für die Zuhörer eine ganz neue Legitimität. Statt lediglich Ausdruck des Zeitgeists zu sein, erscheint sie plötzlich als tiefgründige, ewige Wahrheit. Nur wenige sind sich dessen bewusst, wie weit das Gehörte von den traditionellen Ideen und Praktiken des Buddhismus entfernt ist. Über weite Strecken seiner Geschichte hat der Buddhismus nämlich eine ganz andere Haltung gefördert. Nach dieser ist die Meditation weitgehend den klösterlichen Eliten vorbehalten, während für alle anderen in einem Zeitalter des Zerfalls wie dem unseren das bloße Ausüben der Rituale und die Pflege buddhistischer Ansichten als sehr lobenswert gilt. Wenn daher der Dalai Lama klar zwischen dem Wesen der Tradition und Ritualen unterscheidet oder seine Anhänger auffordert, sich der persönlichen Meditation zu widmen, ohne sich allzu sehr um orthodoxe Ansichten zu kümmern, dann folgt er weniger einer altehrwürdigen Tradition als einem Drang zur Innovation.

Die Fähigkeit des Dalai Lama, seine Belehrungen so zu gestalten, dass ihm auch ein modernes westliches Publikum folgen kann, ist Ausdruck seiner Wertschätzung für gewisse Grundsätze des buddhistischen Modernismus. Doch wer nur diese Seite des Dalai Lama sieht, wird ihm und seiner Gedankenwelt nicht einmal halbwegs gerecht. Der Dalai Lama bedient sich der Sprache des Modernismus, um seinem Publikum den Zugang zum Buddhismus zu erleichtern. Er tut dies in Anlehnung an die klassische Doktrin der »passenden Mittel«, wonach dem Bodhisattva fast jedes Mittel recht sein soll, wenn er den Menschen damit nur helfen kann. Jedoch sollte klar sein, dass die Ideen und Praktiken des Dalai Lama viel mehr umfassen als den buddhistischen Modernismus. So hat der Dalai Lama auch eine traditionelle Seite, die in seiner Haltung gegenüber dem umstrittenen Schutzgott Dorje Shugden besonders gut zum Ausdruck kommt.

Die Shugden-Affäre und der buddhistische Modernismus

Es kann hier nicht darum gehen, die besagte Kontroverse in all ihren Einzelheiten darzustellen. Ich habe dies bereits an anderer Stelle getan.⁶ Ich möchte aber trotzdem kurz auf diese Affäre eingehen, die ein ganz anderes Licht auf die Haltung des Dalai Lama zum buddhistischen Modernismus wirft. Es geht dabei um die Besänftigung einer Schutzgottheit namens Shugden, eine Praktik, die der Dalai Lama seit einiger Zeit immer entschiedener öffentlich verurteilt. Shugdens Anhänger führen diese Praktik auf eine ziemlich obskure und blutige Episode der tibetischen Geschichte zurück - den gewaltsamen Tod des Drakba Gyaltsen (1618-1655), eines wichtigen Gelugpa-Lama und Rivalen des fünften Dalai Lama (1617-1682). Als Folge seines vorzeitigen Todes soll sich Drakba Gyaltsen in einen zornigen Geist verwandelt haben, der über die Reinheit der Lehre der Gelugpa-Tradition wacht. Sein besonderer Ärger gilt verschiedenen Gelugpa-Lamas - u. a. dem erwähnten fünften Dalai Lama -, welche die Lehren anderer Traditionen studieren und praktizieren, und er soll persönlich zum Tod verschiedener Gelugpa-Lamas beigetragen haben.

Wie so oft bei derartigen Überlieferungen zeichnen die historischen Fakten ein etwas anderes Bild. Die gezielte Verbindung von Drakba Gyaltsen und Shugden scheint erst im frühen 20. Jahrhundert hergestellt worden zu sein. Vorher war Shugden offenbar ein weltlicher Gott mit einer relativ kleinen Gefolgschaft. Diese späte Verbindung scheint in erster Linie das Werk des Pabongka (1878-1941) gewesen zu sein, eines charismatischen Lehrers, der eine Erweckungs-Bewegung innerhalb der Gelugpa-Tradition anführte, teilweise offenbar als Reaktion auf eine nichtsektiererische Erneuerungsbewegung unter den anderen Schulen. Die Verschmelzung von Shugden und Drakba Gyaltsen scheint es Pabongka erlaubt zu haben, den ursprünglich nicht zur Gelugpa-Tradition gehörenden Shugden zum Hauptbeschützer seiner Bewegung zu machen. Auf diese Weise gelang es Pabongka, die Gelugpa-Tradition so umzudeuten, dass sie im Wesentlichen auf drei Elementen beruhte: auf Vajrayogini als wichtigster Meditationsgottheit, Shugden als Schutzgottheit sowie auf Pabongka und seinen Nachfolgern als Gurus. Pabongkas Vision war von einem sehr starken Ausschließlichkeitsdenken geprägt: nicht nur galt ihm die Gelugpa-Tradition als ranghöchste unter allen Traditionen, er drohte seiner Anhängerschaft auch mit schrecklichen Konsequenzen, falls sie Interesse an anderen Traditionen zeigen sollten. Shugden würde sich ihrer annehmen, hieß es, und es würde ihnen ergehen wie verschiedenen eklektischen Gelugpa-Lamas, die er angeblich eigenhändig einem frühen Tod zugeführt habe.

Es sind diese Vorstellungen und Praktiken, die der Dalai Lama seit einiger Zeit immer vehementer bekämpft. Er ist inzwischen soweit gegangen, deren Anhänger von einigen seiner Belehrungen auszuschließen. Die Gründe für die ablehnende Haltung des Dalai Lama sind komplex und hängen teilweise mit dem sektiererischen Charakter der Shugden-Tradition zusammen. Es gibt jedoch noch andere Gründe, so etwa die enge Verbundenheit des Dalai Lama mit der Schutzgottheit Nechung (gnas chung) und mit dem komplizierten und umfassenden System von Ritualen, das der Institution der Dalai Lamas zugrunde liegt. Dieses Ritualsystem steht in enger Beziehung mit verschiedenen Schulen des tibetischen Buddhismus, insbesondere der Nyingma-Schule, welche am engsten mit dem frühen Reich, dessen Mythologien und Gottheiten verbunden ist. Die Verbindung zur Nyingma-Schule wird besonders offensichtlich in der Rolle, die Padmasambhava, eine der Gründerfiguren des tibetischen Buddhismus, und Nechung, eine der frühen tibetischen Gottheiten, die für den Schutz des Dalai Lama und seiner Regierung verantwortlich sind, in diesem rituellen System spielen. Die Besänftigung des Shugden läuft all dem zuwider. Indem er Shugden als alleinige Gottheit darstellt, deren Aufgabe es ist, diejenigen Gelugpas zu bestrafen, welche Praktiken aus anderen Traditionen übernommen haben, bedroht der Shugden-Kult das Vertrauensverhältnis zwischen dem Dalai Lama und Padmasambhava bzw. Nechung und somit das der Institution der Dalai Lamas zugrunde liegende rituelle System. Diese Bedrohung äußert sich sehr eindringlich in der Gegnerschaft zwischen Shugden und Nechung. Von Shugden heißt es, er untergrabe Nechungs Stellung, während jenem umgekehrt Shugdens Rolle und Tätigkeit ein Dorn im Auge sind. Nechung wird nachgesagt, er handle aus Missgunst gegen und Eifersucht auf Shugden und dränge den Dalai Lama dazu, gegen Shugden vorzugehen, die Besänftigung dieses Schutzgottes aufzugeben, die auf ihn bezogenen Praktiken zu verbieten und vieles mehr. Der Dalai Lama selbst hat schon oft die Enge seines Verhältnisses zu Nechung und den Einfluss Nechungs auf seine Entscheidungen in Sachen Shugden beschrieben.⁷

Ein weiteres interessantes Element der Shugden-Affäre ist die Selbstverständlichkeit, mit der sich der Dalai Lama in wichtigen Fragen auf Divination und andere traditionelle Techniken zur Entscheidungsfindung verlässt. So kam es beispielsweise folgendermaßen zum Entschluss des Dalai Lama, Shugden, zu dem er sich früher bekannte, fallen zu lassen:⁸ Nach reiflicher Überlegung beschloss der Dalai Lama, den Fall Shugden seinem anderen wichtigen Schutzgottheit, der Großen Göttin Palden Lhamo - das tibetische Pendant zu Mahadevi -, zu unterbreiten. Sollte er die Verehrung Shugdens weiter öffentlich ausüben, sollte er dies nur im Versteckten tun oder sollte er ganz davon absehen? Jede dieser Möglichkeiten stand auf einem Stück Papier geschrieben, das in eine kleine Teigkugel eingerollt war. Die drei Kugeln wurden in einen Becher auf dem Altar der Großen Göttin gelegt. Nachdem er die Göttin im Beisein mehrerer Ritualspezialisten längere Zeit besänftigt hatte, nahm der Dalai Lama den Becher und rollte die Kugeln darin herum, bis eine heraussprang. Damit war die Frage entschieden: Der Dalai Lama würde sich endgültig von Shugden abwenden. Dieser Entschluss hatte weit reichende Konsequenzen für den Dalai Lama und das Ritualsystem seiner Institution. Er veränderte seine persönliche Praxis und veranlasste ihn, künftig entschiedener gegen Shugden aufzutreten.

Leute, die den Buddhismus gern als vernunftbetonte und allem Rituellen abgeneigte Philosophie sehen, mag der Griff zu solch rituellen Techniken überraschen. Doch wer den Buddhismus genauer kennt, weiß, dass seine modernistische Variante wenig mit der Realität der buddhistischen Traditionen zu tun hat, wie sie in Asien praktiziert werden. Rituale aller Art sind dort ein wesentlicher Bestandteil der Tradition und ihre Anhänger sehen keinen Grund, sich dafür zu entschuldigen. Der Dalai Lama ist da keine Ausnahme. Er bekennt sich ganz offen zu den traditionellen Formen der Weissagung und respektiert die Schutzgötter-Rituale. In einem unveröffentlichten Interview, das ich mit dem Dalai Lama geführt habe, erklärte dieser, er habe volles Vertrauen in die Praxis der Weissagung und habe sich in entscheidenden Momenten seines Lebens ganz darauf verlassen. Und er fügte dann ganz selbstverständlich hinzu: »Ich bin doch schließlich Buddhist, oder etwa nicht?«⁹

Der 14. Dalai Lama: Traditionalist oder Modernist?

Die Distanz zwischen dem oben beschriebenen Traditionsverständnis und dem buddhistischen Modernismus ist beträchtlich. Während in letzterem alles Rituelle gemieden oder zumindest heruntergespielt und das Meditieren über Weisheit und Barmherzigkeit allen anderen Formen der Praxis vorgezogen wird, spielen in der persönlichen Praxis des Dalai Lama sowohl der Glaube an Schutzgötter als auch Rituale eine zentrale Rolle. Diese traditionalistische Sicht des Buddhismus scheint zweifellos weit entfernt von der modernistischen Unterscheidung, die der Dalai Lama selbst zwischen »dem Wesen der Religion und der oberflächlichen Ebene von Zeremonie und Ritual«¹⁰ macht. Welches ist nun der echte Dalai Lama? Der Traditionalist oder der Modernist?

Die Antwort lautet, der Dalai Lama ist beides. Er ist der traditionalistische Teilnehmer an Ritualen, der seinen Schutzgöttern ergeben ist. So erfüllt er seine Verpflichtungen ihnen gegenüber gewissenhaft und konsultiert sie bei wichtigen Entscheidungen. Jeden Tag absolviert der Dalai Lama ein kleines Ritual für seine wichtigste Schutzgottheit, die Palden Lhamo, ohne deren Schutz er keine wichtige Aufgabe angehen würde. Jede seiner Reisen erfolgt unter ihrer Schirmherrschaft und wohin er auch geht, immer hat der Dalai Lama eine bemalte Schriftrolle seiner Göttin dabei. Mönche aus dem Kloster des Dalai Lama (Namgyal Dratsang, rNam rgyal gwra tshang) kommen regelmäßig - entweder einmal am Tag für kürzere Praktiken oder einmal im Monat für eine ausgedehntere Sitzung (zla gsol) - in seine Residenz, um die passenden Rituale für die verschiedenen Schutzgottheiten zu absolvieren. Doch gleichzeitig ist der Dalai Lama ein Modernist, der die Praxis der Meditation lobt und seine westlichen Zuhörer auffordert, sich auf das Wesentliche der Tradition zu beschränken und sich nicht von den kulturellen Ausschmückungen des tibetischen Buddhismus ablenken zu lassen. Er führt außerdem einen anhaltenden Dialog mit Wissenschaftlern, der in seinen besten Momenten auf der Diskussion empirischer Erkenntnisse beruht. Und schließlich ist er ein begnadeter Redner, der auf der internationalen Bühne für die Vernunft mitfühlender Handlungen und gegen die Unvernunft von bewaffneten Konflikten argumentiert.

Im Übrigen gilt es zu beachten, dass der Dalai Lama nicht ein buddhistischer Modernist im weitesten Sinne des Wortes ist, wie etwa Dharmapala oder Buddhadasa, die sich einst aufmachten, die Tradition zu erneuern. Er ist über weite Strecken kein Reformer seiner Tradition, an der er im Allgemeinen entschlossen, aber unverkrampft festhält. Nur in ganz bestimmten Zusammenhängen handelt der Dalai Lama wie ein buddhistischer Modernist.¹¹

Da von seinem Blickpunkt aus zwischen diesen beiden Denkweisen, der traditionalistischen und modernistischen, kein Widerspruch besteht, gibt es keinen Grund, die Aufrichtigkeit des Dalai Lama anzuzweifeln. Wenn er sich an ein westliches Publikum wendet, spricht der Dalai Lama eine moderne Sprache, um gewisse buddhistische Ideen zum Ausdruck zu bringen, die ihm besonders wichtig sind. Für ihn ist es einfach wahr, dass Weisheit und Mitgefühl das Wesen der Tradition ausmachen. Genauso wahr ist für ihn jedoch, dass im Umgang mit Schutzgöttern und anderen wichtigen Fragen des buddhistischen Alltags Weissagung, Besänftigung und andere rituelle Techniken angebracht sind. Beide Formen haben ihre Gültigkeit.

Doch auch wenn es zwischen den modernistischen und den traditionalistischen Aspekten im Denken des Dalai Lama keinen logischen Widerspruch gibt, so stehen diese doch in einem nicht ganz spannungsfreien Verhältnis. Der Dalai Lama ist sich sehr wohl der Tatsache bewusst, dass er seine an ein westliches Publikum gerichtete Reden dessen Bedürfnissen und Erwartungen anpassen muss. Infolgedessen spricht der Dalai Lama im Westen selten über traditionelle Aspekte des tibetischen Buddhismus, sondern vermittelt den Zuhörern die Vorstellung, es sei durchaus in Ordnung, einfach zu meditieren, ohne sich zu sehr mit den anderen Seiten der Tradition zu befassen. Doch wie wir gesehen haben, entspricht diese Haltung überhaupt nicht dem, was der Dalai Lama selbst tut oder glaubt. Wenn er also mit westlichen Zuhörern kommuniziert, erlaubt er sich oft ganz bewusst ein gewisses Maß an kreativer Mehrdeutigkeit.

Die Grenze zwischen dem, was der Dalai Lama seinem westlichen Publikum zumutet und was er ihm vorenthält, ist überdies nicht statisch, sondern hat sich mit den Jahren verschoben. Das trifft in ganz besonderem Maß auf die Shugden-Affäre zu. In den frühen Jahren der Kontroverse erwähnte er diese nur vor tibetischem Publikum. Ich erinnere mich, wie ich in den späten siebziger Jahren von meinen tibetischen Klosterfreunden auf die Affäre aufmerksam gemacht wurde und wie erstaunt sie waren, dass ich davon bisher gar nichts mitbekommen hatte. Damals wusste im Westen kaum jemand etwas von einer ernsthaften Spaltung innerhalb der Gelugpa-Tradition. Erst allmählich verbreiteten sich diese Informationen unter den Gelugpa-Anhängern im Westen. Doch selbst dann schilderte der Dalai Lama seinen westlichen Zuhörern nie das ganze Ausmaß seines Zerwürfnisses mit Shugden, obschon die umstrittene Praxis allmählich auch im Westen Fuß zu fassen begann. Erst nachdem der Dalai Lama begonnen hatte, Shugden-Anhänger von seinen Belehrungen auszuschließen, sowie nach dem brutalen Mord an drei Mönchen im Jahr 1997, der vermutlich eine Reaktion auf den erwähnten Ausschluss war, begann der Dalai Lama, seine Sicht der Dinge auch im Westen darzulegen. Ich erinnere mich an einen Auftritt des Dalai Lama vor wenigen Jahren in New York, während dessen er plötzlich begann, seine Haltung zu Shugden zu erklären. Die Leute im Publikum reagierten verwirrt und beunruhigt auf diese Konfrontation mit einem Aspekt des tibetischen Buddhismus, den sie nicht verstanden. »Was geht uns das an?« , schienen sie zu fragen.

Diese Episode zeigt, wie verschieden die beiden Aspekte im Denken des Dalai Lama sind und wie selektiv er sie je nach Publikum zum Ausdruck bringt. Für gewöhnlich vermeidet es der Dalai Lama, sein westliches Publikum mit der traditionalistischen Seite seiner Praktiken und Ideen zu konfrontieren, da er davon ausgeht, dass diese nicht verstanden würde. Doch diese Trennung wird nicht starr aufrechterhalten. In bestimmten Fällen gelangt der Dalai Lama zu der Einschätzung, es stehe zu viel auf dem Spiel oder die Zeit sei gekommen, in gewissen Dingen Klartext zu reden, ungeachtet der Reaktion, die er damit beim Publikum auslöst. An diesem Punkt wird die Trennung aufgehoben und den Zuhörern wird klar, dass der Dalai Lama keineswegs der reine Modernist ist, für den ihn viele von ihnen bis dahin gehalten haben. Diese Offenbarung wird vom Publikum oft mit großem Unbehagen aufgenommen.

Doch das komplexe Verhältnis zwischen der traditionalistischen und der modernistischen Seite des Dalai Lama betrifft nicht nur seine öffentliche Person. Sein Modernismus ist keineswegs nur eine Rolle, die er spielt, um die westliche Öffentlichkeit für die Sache Tibets einzunehmen. Zwar geht es dem Dalai Lama in der Hauptsache eher darum, die Sache des tibetischen Volkes zu vertreten und auf der ganzen Welt möglichst viele Sympathisanten zu gewinnen, als darum, den Westen zum Buddhismus zu bekehren. Doch sollte man nicht vergessen, dass der buddhistische Modernismus auch den Dalai Lama beeinflusst hat.

Der Dalai Lama erhielt eine sehr traditionelle buddhistische Erziehung, die weitgehend vom Lehrplan der großen Gelugpa-Mönchsuniversitäten bestimmt war. Er selbst hat verschiedentlich angemerkt, wie einseitig und wie wenig auf die Belange der modernen Welt abgestimmt seine Ausbildung gewesen sei, besonders für einen jungen Mann, der für eine spätere Führungsrolle vorgesehen war.¹² In Folge dieser Ausbildung war er in keiner Weise auf die moderne Welt vorbereitet, die 1950 mit der chinesischen Invasion in Tibet plötzlich auf ihn einstürzte. Der Dalai Lama sah sich gezwungen, mit dieser dramatischen Situation fertig zu werden und lernte auf diese Weise, mit der modernen Welt umzugehen, insbesondere in seinen Auseinandersetzungen mit China in den folgenden Jahren. Besonders wichtig war in diesem Zusammenhang seine Reise nach China 1954-55. Ein erstes Zusammentreffen mit dem Vorsitzenden Mao machte einen nachhaltigen Eindruck auf den jungen Dalai Lama, ebenso seine ersten Besuche in chinesischen Fabriken. Doch die vielleicht wichtigsten Begegnungen für seinen weiteren Werdegang fanden in Indien statt, dem der Dalai Lama 1956 einen längeren Besuch abstattete, bevor er 1959 dorthin ins Exil zog. In Indien begegnete der Dalai Lama Menschen, mit denen er sich identifizieren konnte (siehe S. 189). Nehru beeindruckte ihn sehr, aber auch weniger bekannte Persönlichkeiten wie z. B. der damalige indische Präsident Rajendra Prasad oder Jayaprakash Narayan, Acharya Tulsi etc. machten großen Eindruck auf ihn. Diese Persönlichkeiten demonstrierten ihm durch ihren eigenen Hindu- und Jain-Modernismus, wie man auch als traditionell religiöse Person voll an der modernen Welt teilhaben konnte. Ihr Modernismus beeinflusste ihn stark und erlaubte ihm, seine eigene buddhistische Variante zu entwickeln, eine Position, die der modernen Welt angepasst war, ohne seinen traditionellen Hintergrund zu verleugnen. Gerade dieser Modernismus bildet das Herzstück seiner Haltung gegenüber dem Westen und lässt ihn auch innerhalb der tibetischen Gemeinschaft ziemlich radikale Positionen vertreten. So bestand er beispielsweise gegen den Willen der Mehrheit der Exiltibeter darauf, dass die tibetische Exilgemeinde sich eine Verfassung gebe, welche die Rolle des Dalai Lama beschränkt und ihn demokratischer Kontrolle unterstellt. Dieser Modernismus hat ihm auch erlaubt, in der Welt der tibetischen Religion unkonventionelle Standpunkte einzunehmen. Ich denke dabei etwa an sein Misstrauen und seinen Sarkasmus gegenüber der Institution des wiedergeborenen Lama. So äußerte sich der Dalai Lama in den frühen siebziger Jahren folgendermaßen zu den wiedergeborenen Lamas, die in jungen Jahren so außergewöhnlich scheinen, mit zunehmendem Alter aber alle enttäuschen: »Sie sind wie Kinderzähne. Die sind anfangs so hübsch und doch verfaulen sie mit zunehmendem Alter.« Trotzdem hat der Dalai Lama seinen traditionellen Hintergrund bis heute nie verleugnet und das bei buddhistischen und hinduistischen Modernisten weit verbreitete Misstrauen gegenüber dem Ritual ist ihm völlig fremd.

Die Anziehungskraft des Modernismus auf den Dalai Lama hat sich mit den Jahren auch gewandelt, wobei diese Entwicklung von vielen Beobachtern oft zu wenig berücksichtigt wird. Während meines Aufenthaltes in Dharamsala in den siebziger und achtziger Jahren konnte ich einige dieser Veränderungen beobachten. Als ich Anfang der siebziger Jahre seine Bekanntschaft machte, war ich überrascht von seinen erfrischend unkonventionellen Ideen, seiner Bereitschaft, zu relativieren und gewisse Aspekte seiner Tradition beiseite zu schieben. Ich erinnere mich noch gut an ein Gespräch über die Stufen des Weges (lam rim), in dessen Verlauf ich mich nach einer bestimmten Praktik erkundigte. »Weglassen« lautete sein Ratschlag, »das steht zwar in den Büchern, doch in der Praxis ist es unwichtig.« Dieser Radikalismus wich jedoch im Laufe der siebziger Jahre einer zunehmend traditionellen Haltung. Diese Änderung ist möglicherweise auf eine wichtige Meditation in Abgeschiedenheit, eine so genannte »Retraite«, im Winter 1975-76 zurückzuführen. Der Dalai Lama hat meines Wissens zwar nie ausführlich über die Ereignisse während dieser »Retraite« berichtet, doch ist auffällig, dass er unmittelbar danach begann, öffentlich Kritik an der Praxis des Shugden zu äußern. Allmählich nahm er eine traditionellere Haltung gegenüber der buddhistischen Praxis ein und legte sein Misstrauen gegenüber den wiedergeborenen Lamas fast gänzlich ab. Die bissigen Kommentare wichen konventionelleren Ermahnungen und der Dalai Lama war plötzlich wieder bereit, die wiedergeborenen Lamas anzuerkennen.

Mit dieser Rückbesinnung hat der Dalai Lama keineswegs dem buddhistischen Modernismus abgeschworen. In einem modernen Kontext ist dieser sein bevorzugter Interaktionsmodus geblieben, besonders natürlich im Westen, den er erst in den siebziger Jahren, als er schon über 40 war, ernsthaft zu bereisen begann. Dennoch hatte seine traditionalistische Rückbesinnung wichtige Folgen. Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder vermehrt auf Praktiken wie die Besänftigung von Schutzgöttern, besonders derjenigen, welche die Institution des Dalai Lama beschützen. Dies wiederum führte zur Konfrontation mit den Anhängern von Shugden, welche seither die Gelugpa-Tradition zu spalten droht. Die Folgen seiner Wandlung sind auch in der Exilgemeinschaft der Tibeter spürbar. Dies betrifft hier besonders die tibetisch-buddhistischen Institutionen, wo einige der Versprechungen des buddhistischen Modernismus nach wie vor auf sich warten lassen. All das zeigt deutlich, dass der Modernismus des Dalai Lama seine Grenzen hat. Ihn als buddhistischen Modernisten zu bezeichnen, bedeutet, die traditionalistischen Praktiken und Ideen zu ignorieren, die in seinem Leben eine überaus wichtige Rolle spielen. Es bedeutet außerdem, die Ansichten eines komplexen Menschen allzu eindimensional zu sehen und die sehr realen Spannungen zu leugnen, die zwischen den zwei unterschiedlichen buddhistischen Haltungen bestehen, welche er zu verschiedenen Zeiten seines Lebens auf verschiedene Weise eingenommen hat.  ■


¹ Der Begriff geht auf H. Bechert zurück, siehe H. Bechert, »Buddhist Revival in East and West«, in: H. Bechert und R. Gombrich, The World of Buddhism, London 1984, S. 275-276.

² Dieser kurze Bericht folgt Lopez’ Zusammenfassung in Prisoners of Shangri-La, Chicago 1998, S.185 sowie H. Bechert, »Buddhist Revival in East and West«, in: H. Bechert und R. Gombrich, The World of Buddhism, London 1984, S. 275-276.

³ Der Dalai Lama, Answers: Discussions with Western Buddhists, Ithaca 2001, S. 24.

⁴ D. Lopez, Prisoners of Shangri-La, Chicago 1998, S. 185.

⁵ Der Dalai Lama, A Policy of Kindness, Ithaca 1990, S. 85.

⁶ G. Dreyfus, »The Shuk-den Affair: History and Nature of a Quarrel«, Journal of the International Association of Buddhist Studies, Bd. 21, Nr. 2, 1999, S. 227-270.

⁷ Siehe die gesammelten Reden des Dalai Lama von 1978 bis 1996 zu diesem Thema: Gong sa skyabs mgon chen po mchog nas chos skyong bsten phyogs skor btsal ba'i bka' slob, Dharamsala 1996, S. 17-19.

Sa skyabs mgon chen po mchog nas chos skyong bsten phyogs skor btsal ba'i bka' slob, S. 36-41.

⁹ Interview mit dem Dalai Lama, Oktober 2000.

¹⁰ Der Dalai Lama, A Policy of Kindness, Ithaca 1990, S. 85.

¹¹ Der Dalai Lama tritt auch bei einigen seiner politischen Aktionen in der tibetischen Gemeinschaft als buddhistischer Modernist in Erscheinung; dort vertritt er oft demokratische Ideen und Praktiken und argumentiert, diese ließen sich mit den buddhistischen Ideen durchaus vereinbaren.

¹² Der Dalai Lama, Freedom in Exile, NewYork 1990, S. 25.

Ornament

GEORGES DREYFUS war mehr als 15 Jahre lang tibetisch buddhistischer Mönch und erhielt 1985 als erster Westler den Grad des Geshe [Lha rampa], den höchsten Grad der tibetischen Klosteruniversitäten, nachdem er an der Buddhist School of Dialectics in Dharamsala und allen drei Gelugpa Klosteruniversitäten in Südindien studiert hatte. 1999 promovierte er an der Universität von Virginia und lehrt seitdem Buddhismus am religionswissenschaftlichen Institut des Williams College in Massachusetts. Er veröffentlichte u.a. The Svatantrika-Prasangika Distinction: What Difference does a Difference make? (in Zusammenarbeit mit Sara McClintock), The Sound of Two Hands Clapping: the Education of a Tibetan Buddhist Monk und Recognizing Reality: Dharmakirti's Philosophy and its Tibetan Interpretations.

Dieses Essay wurde in DIE DALAI LAMAS: Tibets Reinkarnation des Bodhisattva Avalokiteshvara, S. 172-79, Hrsg. Martin Brauen (2005) publiziert.

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