Buddhismus in der DDR
Eine Spurensuche¹
von Thilo Götze Regenbogen
Seit den neunziger Jahren boomt der Buddha in den westlichen Industrienationen wieder. Bei der Fernsehmoderatorin Sandra Maischberger läßt der amtierende Dalai Lama verlauten, er sei halb Buddhist, halb Kommunist. Aus heutiger Sicht könnte man daher meinen, der Buddhismus als Weltreligion ohne Gott und Psychologie ohne Psyche, als Prozeßphilosophie und Befreiungshandeln, Achtsamkeitspraxis und Weisheitsüberlieferung², deren Protagonisten es seit den Zeiten des Buddha gelungen ist, sich mit den weltlichen Mächten zu arrangieren, ohne an Substanz zu verlieren, dürfte auch mit dem Sozialismus nach DDR-Prägung keine grundlegenden Schwierigkeiten gehabt haben. Aber weit gefehlt.
Thema 42 von derzeit 189 des freien Forschungsprojekts „Alternativkulturen im deutschsprachigen Raum 1970–2000“³ scheint exemplarisch für jene Sorte von Aufgaben, bei der die erstaunten bis abweisenden Antworten der Befragten bisher lauteten: „Wie bitte?“, „Gab’s nicht!“, „Aussichtslos“. Zehn Jahre Forschung zum Ausnahmekünstler Carlfriedrich Claus (1930–1998)⁴ in der DDR haben mich aber gelehrt, daß es sich mit der DDR ähnlich verhält wie mit der Volksrepublik China. Wo bei letzterer die schiere Ausdehnung und kulturelle Vielfalt das schnelle Pauschalurteil sachlich unmöglich macht, so ist es bei ersterer wegen der verdeckten, privaten Mikro- und Nischenstruktur nicht möglich, ein Gesamtbild⁵ zum Beispiel nur aus der Anzahl der Veröffentlichungen zu einem Thema zu gewinnen. Zudem ist auch hier zu unterscheiden zwischen dem, was offiziell zugänglich war und dem, was privat als Abschrift oder Samisdat-Publikation⁶ zirkulierte. Völlig aussichtslos ist es auch, Aussagen offizieller DDR-Wissenschaftler mit marxistisch-leninistischer Prägung⁷ aus den sechziger bis neunziger Jahren einem aktuellen Urteil zugrunde zu legen, weil diese damals in der Regel nach dem Motto „daß nicht sein kann, was nicht sein darf“ vorgegangen sind; schließlich sollte dem marxistischen Anspruch entsprechend jede Religion im Sozialismus im Aussterben begriffen sein.⁸ Dementsprechend erforderte schon die bloße Beschäftigung mit diesem Thema eine besondere Rechtfertigung. In einer wissenschaftlichen Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig heißt es daher in einem Beitrag von Detlef Pollack noch im Jahre 1988:
Die Frage lautet, warum das so ist, warum es Religion trotz Industrialisierung, Verstädterung und sozialer Mobilität, trotz rationaler Durchkalkulierung aller gesellschaftlichen Lebensbereiche, trotz Verwissenschaftlichung des Weltbildes und atheistischer Erziehung noch gibt.⁹
Allein schon die Frage nach dem Buddhismus in der DDR stellt also eventuell eine Kränkung der befragten Person dar bzw. eine Infragestellung ihrer Positionen. Pollack geht sogar davon aus, der christlichen Theologie ihren Gegenstand vorschreiben zu können¹⁰ – keine gute Voraussetzung für ein weiterreichendes Interview-Ergebnis. Auf der Seite der DDR-Bevölkerung konstatiert die Forschung für den Zeitraum ab der friedlichen Revolution (1989/90) außerdem eine „tiefe Entfremdung vieler Ostdeutschen von allen religiösen Fragestellungen“¹¹, was vermutlich mindestens bis in die siebziger Jahre zurückreicht. Parallel darf man aber die religiös-utopische Note des Sozialismus bzw. Kommunismus selbst nicht übersehen, so daß sich auch folgern ließe, das erwähnte Desinteresse an religiösen Sichtweisen verdanke sich vor allem dem mit der friedlichen Revolution erlebten Zusammenbruch des eigenen, gläubig über Jahrzehnte unter Einsatz der eigenen Lebenskräfte verfolgten Projekts vom Sozialismus in einem Land – auch wenn es nicht gerade der von Karola Bloch und vielen anderen (auch SED-Mitgliedern) erhoffte Sozialismus mit menschlichem Antlitz¹² gewesen ist.
Um zu klären, wie es um den Buddhismus in der DDR bestellt war, müßte man eine breit angelegte und mehrere Generationen umfassende Befragung von mit diesem Themenkreis verbundenen Personen durchführen, damit auch die sonst und aus gutem Grund verborgen gebliebenen Schichten geistigen und sozialen Lebens in der DDR ans Licht treten können, falls die sie tragenden Menschen noch am Leben sind und sie bewegt werden können, sich zu äußern. Religionswissenschaftler und Indologen, Kunsthistoriker der vom Buddhismus mitgestalteten Weltkulturen, Sinologen¹³ und Japanologen, Ethnologen und Repräsentanten christlicher Religionen müßten ebenso einbezogen werden wie Yoga-Lehrer, Mediziner, Psychologen und Psychiater und die älteren Generationen in heutigen buddhistischen Gruppen, soweit sie in den neuen Bundesländern leben oder in der DDR gelebt haben. Es geht hier also um das ganze Feld buddhismuskundlicher Forschungen und Praktiken und nicht um die bloße Religionszugehörigkeit. Hinzu kommt noch, daß der Buddhismus auch außerhalb der DDR nicht die Organisationsstruktur aufweist wie die christlichen Kirchen, also viel schwieriger für den Untersuchungszeitraum zu beurteilen ist als diese.
Die bedeutende Verlagslandschaft der DDR und ihre Lektorate wären ebenfalls zu berücksichtigen wie der Kunst-, Buch- und Asiatica-Handel einschließlich des Antiquariatsbuchhandels. Der bereits erwähnte Carlfriedrich Claus hat beispielsweise aus der elterlichen Kunst- und Buchhandlung schon sehr früh lebensprägende Lektüren erhalten.
Man könnte auch einmal herauszufinden versuchen, wie viele Vegetarier und Anhänger anderer lebensreformerischer Praktiken es in der DDR gegeben hat und welche Rolle das Teetrinken spielte, denn die Teekultur ist nicht zufällig schon historisch sehr stark mit dem Buddhismus verbunden. Es geht bei dieser Fragestellung also weniger um nachweisbar irgendwo erfaßte Mitgliederzahlen, als um ein subtil sich entfaltendes Wirkungsspektrum unterschiedlicher geistiger und kultureller Impulse, welches über Jahrzehnte unter repressiven politischen Bedingungen wirksam gewesen sein kann, sich dabei veränderte und den gesellschaftlichen Bedingungen anzupassen versuchte und in dem beispielsweise auch die zahlreichen Leser von Laotses Tao Te King eine geistige Heimat finden konnten. Auch könnte es sich herausstellen, daß die Wanderungsbewegungen der Interessenten sowie die Aus- und Eintritte aussagekräftiger sind für die Frage nach einem Buddhismus in der Moderne als die Vertiefung ins Mitglieder- und Vereinsgeschehen dieser oder jener Kleingruppe, so sie denn bestanden hat.
Natürlich ist auch damit zu rechnen, daß es Stasi-Akten zum Thema Buddhismus bzw. zu vom Buddhismus beeinflußten Personen gibt, denn das Denken in Alternativen stand ja im paranoiden Teil der DDR generell unter dem Verdacht systemfeindlicher Umtriebe, während sich die DDR¹⁴ offiziell selbst für das alternative Deutschland gehalten hat und nach außen hin als ein Staat mit verfassungsmäßig garantierter Religionsfreiheit¹⁵ aufgetreten ist.
Eine solche Untersuchung liegt bisher nicht einmal für das Phänomen Religion als Ganzes zur Zeit der DDR vor, schon gar nicht für den Teilbereich Buddhismus, der wegen der hier besonderen Bedeutung und Reichweite von Meditation, Kunst, Völkerkunde, Literatur und Philosophie anders vernetzt gewesen sein wird als etwa Christen oder Muslime oder deren Glaubensgemeinschaften.¹⁶
In den letzten fünfzig Jahren hat es nur zwei über mehr als einen Satz hinausgehende Anmerkungen zum Buddhismus in der DDR gegeben. Der für Deutschland früheste und nachhaltigste buddhistische Chronist Hellmuth Hecker (Hamburg) erwähnt in der dritten Auflage seiner Chronik des Buddhismus in Deutschland¹⁷ den Leipziger Buddhisten Wolfgang Schüler (Jahrgang 1933, Mönchsname früher Udeno), der „nach einer Probezeit (Nov. 1963–April 1964) in Roseburg [Meditationszentrum „Haus der Stille“; TGR] im Mai 1964 als Samanero [Novize; TGR] ordiniert“ wurde. „Kurz darauf flog er nach Bangkok und erhielt dort im Frühjahr 1965 im Wat Boveranives die Bhikkhu-Weihe.¹⁸ Im Mai 1966 trat er aus dem Orden aus, kehrte nach Roseburg zurück, wo er noch etwa 1 Jahr blieb. Dann ging er zu seiner Mutter nach Leipzig. Dort ist er in einem 1981 gegründeten ‚Arbeitskreis für Yoga und klassische Medizin‘ tätig.“
Der in Luzern lehrende deutsche Religionswissenschaftler Martin Baumann¹⁹ gibt zehn Jahre später für den Zeitraum bis zur friedlichen Revolution den Hinweis: „In der DDR rief 1981 (Bhikkhu) Udeno (Wolfgang Schüler, geboren 1933) in Leipzig einen ‚Arbeitskreis für Yoga und klassische Medizin‘ ins Leben. Udeno war 1963 im ‚Haus der Stille‘ ordiniert worden und lebte seit 1967 in Leipzig²⁰. Ende der achtziger Jahre waren in Ost-Berlin, Dresden und Thüringen Zen-Gruppen verzeichnet; Lassalle veranstaltete jährlich im Eichsfeld²¹ eine Zen-Woche, Ole Nydahl betreute in Ost-Berlin eine Karma-Kagyüpa-Gruppe.“²²
Baumann und Hecker erwähnen in ihren Werken für die Nachkriegszeit kleine buddhistische Gruppen in Dresden, Leipzig und Halle.²³ Näheres dazu ist bisher nicht erforscht. Den von Hecker und Baumann bereits genannten Wolfgang Schüler habe ich im September 2010 während einer Tagung der Schopenhauer-Gesellschaft in Frankfurt am Main kennengelernt und später mehrfach befragen dürfen²⁴. Er ist durch Arthur Schopenhauer zum Buddhismus gekommen, wurde von Bhikkhu Dhammiko im „Haus der Stille“ als Novize Udeno ordiniert und hat sein ganzes Leben hindurch weiter geforscht und praktiziert und sein Verständnis auch in Asien (besonders in Thailand) vertieft. Daß er die Robe schon ein Jahr danach wieder abgelegt hat, sieht Schüler in der Konsequenz einer damals übereilten jugendlichen Entscheidung für ein Leben als Mönch. Heute ist er froh, daß sein Austritt aus dem Orden in Thailand kein Problem war, sondern dort sozial akzeptiert wurde²⁵. Seine Erwähnung als Gründer des oben genannten Yoga-Arbeitskreises, in dem er gewiß wesentliche Impulse erfahren hat, hält er allerdings für ein Mißverständnis. Dies läßt sich auch schon durch eine Relektüre des Beitrags von Hecker aufklären. Doch dazu später mehr.
Zunächst hatte ich von einem „Buddhistischen Zentrum“ gehört, welches während der DDR-Zeit in Leipzig bestanden haben sollte, allerdings unter staatlicher Kontrolle. Das schien mir sofort plausibel, denn Leipzig war schon am 15. August 1903 der Gründungsort der ersten Buddhistischen Gemeinschaft in Deutschland und ein Zentrum der damaligen Alternativbewegung der Jahrhundertwende.²⁶ Bereits 1912 wurde dort auch die Religionswissenschaft erstmals in Deutschland institutionalisiert.²⁷ Auch der buddhistische Autor Michael den Hoet bemerkt anerkennend: „Doch war es [in der DDR; TGR] immer möglich, sich an der Universität Leipzig akademisch mit Buddhas Lehre zu befassen, wo es seit 1841 eine Abteilung für Indologie und ab 1960 auch für Tibetologie gab. Die wissenschaftlichen Veröffentlichungen dieser Institute zum Buddhismus waren von bemerkenswerter Qualität, was angesichts der politischen Verhältnisse in dem sozialistisch-atheistischen Staat alles andere als selbstverständlich war.“²⁸
In einem Gespräch mit dem wissenschaftlichen Leiter des Berliner DDR-Museums, Dr. Stefan Wolle²⁹, machte mich dieser auf das Bemühen der DDR aufmerksam, durch derlei „staatsoffizielle“ Anstrengungen die internationale Reputation des zweiten deutschen Staates und dessen formelle Anerkennung zu fördern.³⁰ Er wies mich zudem auf Heinz Mode (1913–1992) hin, einen Orientologen und Indologen, der mir bisher nur als Autor einer umfangreichen Monographie über Drachen und Dämonen³¹ bekannt gewesen ist und der sich an der Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg zumindest zeitweise mit besonderem Schwerpunkt dem Buddhismus gewidmet hatte. Hans Wolfgang Schumann hatte ihn 1974 als einziger überhaupt einer kritischen Erwähnung im Westen für wert befunden: „Lediglich an der Universität Halle, wo ein unter der Leitung von Prof. Heinz Mode stehendes Institut den Buddhismus als soziologisches Gebilde studiert und marxistisch-leninistisch interpretiert, wird [in der DDR; TGR] noch Buddhismusforschung betrieben.“³²
Bereits 1956 hatte Mode aber schon in der Staatlichen Galerie Moritzburg Halle eine Kunstausstellung zu dem herausragenden japanischer Maler „Sesshû 1420–1506 und seine Zeit“ mit Handzeichnungen und Druckgrafiken in Faksimiledrucken veranstaltet. Im Vorwort des dazu erschienenen kleinen Kataloges charakterisiert er den Zusammenhang mit dem Zen-Buddhismus sehr treffend. Ausgestellt waren damals Lichtdrucke und Holzschnitt-Reproduktionen aus seiner eigenen Sammlung, insgesamt neunzig Titel³³ einer durchdachten Ausstellung, die einen guten Einblick in das Thema verrät und sicherlich auch vermitteln konnte. Das schon damals erfolgreiche Projekt erlebte zehn Jahre später eine Neuauflage im Vestibül des Museums für Völkerkunde Leipzig, welche auch Wolfgang Schüler gesehen hat.
Der darüber Bericht erstattende Heinz Kucharski (1919–2000) zählte in den sechziger Jahren zu den aktivsten Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft für Buddhistische Forschungen in der DDR³⁴ und erstellte zahlreiche Rezensionen und Buch-Gutachten in Druckgenehmigungsverfahren für das Ministerium für Kultur der DDR.³⁵ Er hatte die Hamburger Lichtwarkschule³⁶ besucht und ab 1938 Philosophie, Indologie, Völkerkunde und Orientalistik studiert. Als Mitglied einer Gruppe oppositioneller Studenten in Hamburg las er auch die Flugschriften der Weißen Rose.³⁷ Wie später in Leipzig verbreitete Kucharski dissidente oder verbotene Schriften, in Hamburg waren dies während der NS-Zeit vor allem marxistische und kommunistische. Er hielt privat Vorträge über politische Themen und vor allem über die „heilbringenden Lehren des Kommunismus“,³⁸ was der Gegnerschaft zum NS-Staat auch bei Hans Leipelt, Margaretha Rothe und anderen seines Kreises eine marxistisch-kommunistische Fundierung gab. Er hatte die konkretesten Vorstellungen von einer nach dem sicher verlorenen Krieg zu schaffenden demokratischen Volksrepublik, galt aber bei einigen auch als Heuchler, Lügner und Denunziant³⁹, als „matter Intellektueller“, so Jürgen Biebrich im Rückblick.⁴⁰ Teile des Hamburger Widerstands werteten die Tätigkeit der Münchner Weißen Rose zwar „als moralisch hochwertig, aber als ineffizient und somit zwecklos“.⁴¹ Aber auch für den Hamburger Zirkel selbst scheint zu gelten, daß „viel gesprochen, aber wenig gehandelt wurde“, wie Sönke Zankel 2008 urteilte.⁴² „Dies entsprach ganz der Strategie Kucharskis, denn er wollte sich und seine Verbündeten in erster Linie geistig auf die angestrebte sozialistisch-kommunistische Revolution vorbereiten.“⁴³
Die Flugblätter der Weißen Rose prangerten ab Sommer 1942 öffentlich den Massenmord an den Juden an und forderten zum Widerstand auf. Sie enthalten Maximen von Aristoteles und Augustinus, Zitate von Goethe und Schiller, Weisheitsverse von Laotse⁴⁴ und Novalis, ausgewählt von Hans und Werner Scholl, Alexander Schmorell und der von Hamburg nach München zum Medizinstudium übergesiedelten Mitschülerin Kucharskis, Traute Lafrenz.⁴⁵ Durch Schmorell lernte Traute Lafrenz Hans Scholl kennen und wurde „einen Sommer lang“ seine enge Freundin. Sie initiierte auch die Verbreitung der Flugblätter nach Hamburg.⁴⁶
Am 09. November 1943 wurde Kucharski zusammen mit seiner Mutter Hildegard Heinrichs und seiner Freundin Margaretha Rothe von der Gestapo verhaftet. Der Volksgerichtshof verurteilt ihn am 17. April 1945 zum Tode. Er konnte aber während des Transports zur Hinrichtungsstätte Bützow-Dreibergen während eines Fliegerangriffs entkommen.⁴⁷ Diese Widerstands-Heldengeschichte verwandelt sich allerdings in ein zumindest janusköpfiges Persönlichkeitsbild, wenn man die Laudatio der Filmregisseurin und Produzentin Katrin Seybold auf Kucharskis Hamburger Mitschülerin Traute Lafrenz-Page vom 13. September 2009 zur Kenntnis nimmt. Dort heißt es nämlich: „Ein Klassenkamerad, Heinz Kucharski, war für alle zum Verhängnis geworden. Er lieferte der Gestapo um die 30 Menschen aus, darunter auch die eigene Mutter. Traute Lafrenz wurde verhaftet, kam nach Fuhlsbüttel und war elend langen Verhören und Misshandlungen des SS-Mannes Reinhard ausgesetzt. Kucharski hatte der Gestapo 60 Seiten über sie diktiert. Jetzt droht ihr die Todesstrafe. Sie meint, Kucharski habe seinen Kopf dadurch zu retten versucht, daß er der Gestapo über seine Freunde und Bekannten Aussagen und Charakteristiken lieferte, wie diese sie wünschte. Den auffälligsten Verrat übte er der gemeinsamen Lehrerin Erna Stahl gegenüber, er gab an, sie habe ihn bewusst antinationalsozialistisch erzogen und darum sei sein Leben in diese Bahn gekommen, heute bekenne er sich zur nationalsozialistischen Weltanschauung, eine Wendung, die er der Gestapo verdanke. Seine Selbstrechtfertigung war, dass durch die Nennung von immer mehr Personen es vor Kriegsende nicht mehr für alle zu einem Prozess käme. Es war ein raffinierter, ein amoralischer Plan, der andere gefährdete, sie ins KZ und in den Tod brachte wie Reinhold Meyer. Kucharski, der Schulfreund, gab der Gestapo preis, Traute Lafrenz habe etwa ,20 Mal mit ihm die Sender Moskau, England, Beromünster und RotSpanien gehört‘, verbotene Bücher gelesen, besessen und verliehen, sie habe eine besonders radikale Einstellung und führe ein besonders freiheitliches Leben. Die niederträchtigste aller Anschuldigungen aber bestand darin, Traute Lafrenz habe Hilfe und Freundschaft der jüdischen Familie Daniels gewährt. Lise Daniels, eine Schulkameradin von beiden, konnte 1938 mit ihrer Familie aus Deutschland fliehen. Auch Schandtaten wie die von Kucharski dürfen wir nicht verloren geben.“⁴⁸
Über die Nachkriegszeit bis in die sechziger Jahre hinein sind bisher keine Informationen zu Heinz Kucharski zugänglich geworden. Wie Wolfgang Schüler berichtet, der ihn mit einiger Berechtigung für den wichtigsten „Pionier“ in Sachen praktischer Buddhismusstudien in der DDR hält, war der wie dargestellt schon in Hamburg bekennende Kommunist überaus behilflich, wenn Auskünfte zur buddhistischen Weltanschauung als solcher erbeten wurden. ⁴⁹ Kucharski besorgte auch 1978 zusammen mit Friedemann Berger (1940–2009) die Bildkommentierung und Zusammenstellung des im Gustav Kiepenheuer Verlag Leipzig und Weimar erschienenen Hauptwerkes über tibetische Weisheit Dsanglun: Der Weise und der Tor – Buddhistische Legenden aus Tibet, aus dem Tibetischen übersetzt von dem Tibetologie-Pionier Issak Jakob Schmidt (1779–1847), dem schon Schopenhauer einiges zu verdanken hat. Die Besorgung von Büchern aus dem Westen, Vorträge über indische Denker und Yoga-Kurse im Museum⁵⁰ bereicherten das von Heinz Kucharski beförderte Lernangebot, welches für Schüler als Buddhist zielführend geworden ist, aufscheinend dabei der Buddhismus der Fahrzeuge und die Frage nach der aktuell eigenen, alternativen Form. Heute sieht er sich mehr als Mahayana- und Vajrayana-Buddhist⁵¹ und als einer von etwa einem Dutzend Schülern, die Kucharski damals angeleitet und für die er sich „mit dem Herzen eingesetzt“ habe. Er liest begeistert die frühen Schriften des Indologen und Religionswissenschaftlers Helmuth von Glasenapp (1891–1963), der schon in den zwanziger Jahren die Kenntnis der Weltreligionen einschließlich des Buddhismus beförderte und beschäftigt sich mit philosophischen Fragen wie der nach der Beziehung zwischen Schopenhauer und Hegel.
Stefan Wolle verdanke ich auch die erste Erwähnung von Burchard Brentjes (Jahrgang 1929)⁵², des langjährigen Ordinarius für Orientalische Archäologie in Halle⁵³, der mit Mode zusammenarbeitete für die „Popularisierung des Orients, stets gegen jede Form europazentristischer Sichtweisen gerichtet“⁵⁴, sowie die Skizzierung der typischen „Teeabende“ und „Jours fixes“ in privaten Gruppen, an denen zum Beispiel Brentjes und Mitarbeiter des einschlägig tätigen Verlages Koehler & Amelang⁵⁵ beteiligt gewesen sein sollen. Ohne dies im einzelnen prüfen zu können oder auch nur zu wollen, sind hier genau diese Sphären privater Refugien gemeint, in die man sich „bei geringer Risikoschwelle“ „mit Gleichgesinnten zurückziehen“⁵⁶ konnte, Lektoren von Verlagen, Künstler und Schriftsteller oder Menschen, die sich besondere Fähigkeiten wie etwa Yoga asanas⁵⁷ irgendwo hatten aneignen können, bildeten den Kern und Anziehungspunkt solcher oft regelmäßigen Treffen – durchaus ein Teil der Netzwerke gegenseitiger Hilfe und Freundschaft, wie sie in der DDR in großem Umfang bestanden haben.
Das „Buddhistische Zentrum“ hieß eigentlich Buddhist Centre, denn es war ans Ausland adressiert und in Halle/Saale gelegen⁵⁸, nicht in Leipzig. Laut Buddhist yearly 1966, S. 59, dem 1966–1970 zumeist mit umfangreichen Supplement-Bänden erscheinenden Jahrbuch des Zentrums, wurde es am 10. März 1966 gegründet. Dort wurde der Name des Zentrums synonym gebraucht für eine Arbeitsgemeinschaft für Buddhistische Forschungen in der DDR. Über die Gründung und Eröffnung mitten in der „Zeit des Neubeginns“ zwischen Mauerbau und Prager Frühling⁵⁹, wird mit Namensnennung einiger Gäste, darunter Professoren aus Halle und Gaststudenten aus Ländern Südostasiens, berichtet. Außerdem wird die programmatische Verankerung des Unternehmens innerhalb der außenpolitischen Selbstdarstellung der DDR beschrieben: Humanismus, Weltfrieden, anti-imperialistischer und anti-kolonialistischer Kampf. Nichts davon ist spezifisch buddhistisch oder zeigt überhaupt eine besondere Auseinandersetzung mit dem Buddhismus als Religion, meditativer Geistesschulung oder Philosophie.
Ein spezieller Raum mit Arbeitsplätzen, Bibliothek und Exponaten in Vitrinen wurde als Buddhist Centre eingerichtet.⁶⁰ Es handelte sich also nicht um ein tatsächlich buddhistisches Zentrum, sondern um einen Raum für wissenschaftliche Buddhismus-Studien der Art, wie sie staatlicherseits erwünscht waren. Wie nahezu alles in der DDR war auch der Buddhismus hier verstaatlicht. Eine Konferenz zur buddhistischen Geschichtsforschung und eine Ausstellung buddhistischer Kunst aus den Museumssammlungen sozialistischer Länder wurden angekündigt und später auch realisiert. Wissenschaftliche Bibliographien, Festschriften wie die für den Forscherkollegen Johannes Schubert, Ausstellungs- und Tagungsbeiträge zum Indienbild in der DDR⁶¹ erscheinen in der Folge und 1972 ein von Heinz Mode herausgegebener Band Zweihundertfünfzig Jahre Halle – Indien: Anläßlich des fünfundzwanzigsten Jahrestages der Unabhängigkeit Indiens – merkwürdigerweise ein Supplement zum nicht mehr erschienenen Jahrbuch Buddhist yearly 1972, um das sich vielleicht eine Konfliktgeschichte rankt. Auch für 1971 fand sich bislang kein Jahrbuch. Vielleicht blieb ja nach diesen wenigen Jahren mit dem Buddhist Centre „zum Schluß fast alles beim Alten“, wie Stefan Wolle über die „Reformzeit ohne Reform“ urteilt.⁶²
So wie man von Hallenser buddhistischen Aktivitäten außerhalb der universitären und staatlichen Einrichtungen kaum etwas erfährt, ist auch die Quellenlage zu Leipzig bisher eher spärlich. Im Archiv des Neuen Deutschland lassen sich weder für den Namen Heinz Mode, noch für die Begriffe „Buddhist Centre“ oder „Buddhist yearly“ Fundstellen nachweisen.⁶³ Die Kontinuität seit Seidenstücker⁶⁴ scheint also einzig und allein Curt Oelzner (1893–1966)⁶⁵ gewahrt zu haben, über den wir am ausführlichsten ebenfalls durch Hellmuth Hecker informiert sind: Oelzners Freund Eduard Erkes, Sinologe, Leiter der chinesischen Abteilung des Völkerkundemuseums Leipzig und 1948 Doktorvater von Siegbert Hummel, machte Oelzner 1917 auf den Buddhismus aufmerksam. Eingehendes Studium überzeugte ihn auch persönlich. 1919 gründete er mit seinem Freund Erich Horn einen buddhistischen Buchversand und eine buddhistische Mission. Es folgte die Bekanntschaft mit Seidenstücker und Grimm. Er wurde Mitarbeiter bei verschiedenen buddhistischen Periodika, eine Buchpublikation Zarathustras Erlösung erschien anonym 1924 in Versform in der Benares-Bücherei in Neubiberg. Am 29. Oktober 1945 gründete er dann die „Buddhistische Bibliothek“, ab Januar 1946 war er Herausgeber der Buddhistischen Blätter (BBl)⁶⁶. Betrug der Bibliotheksbestand 1950 noch 375 Bände, war ab April 1952 nur noch die private Nutzung erlaubt, ab Februar 1953 durfte dann wieder ausgeliehen werden, aber der Bestand war auf 236 Bände geschrumpft, schwankende Zahlen liegen auch für 1955 vor: 270 und 1962 noch 210 Bände. Am 28. November 1962 gab Oelzner den Bestand von damals 242 Bänden, darunter einige mit wertvollen handschriftlichen Anmerkungen⁶⁷, an das Leipziger Völkerkundemuseum, wo sie auch Wolfgang Schüler einsehen konnte. Gründe für Einschränkungen und Schwund gibt Hecker nicht an. Die Buddhistischen Blätter erschienen wie auch das spätere Buddhist yearly als Typoskript gedruckt, zuerst vierteljährlich, ab 1953 halbjährlich, 1964 und 1965 nur noch jährlich, was heißen würde, daß Oelzner vom Altersheim „Haus Abendfrieden“ in der Erich-Zeigner-Allee 43, aus publizierte, wo er seit 1963 lebte. Laut Hecker habe er allerdings mit Rücksicht auf seine christlich eingestellte zweite Frau zuletzt auf buddhistische Betätigung verzichtet. Reverend Wilhelm A. Rink verfaßte für den Kreis Nr. 65/1966, S. 12 f. des buddhistischen Ordens Arya Maitreya Mandala (AMM, gegründet 1933 in Darjeeling/Indien⁶⁸) einen Nachruf, weitere gibt Hecker auf S. 224 an. Der erste Band des Buddhist yearly 1966 würdigt Oelzners Lebenswerk auf S. 60 in einer vierzeiligen Notiz zu seinem Tode am 21. Mai 1966. Hecker verzeichnet außerdem Artikel von Oelzner und Gedichte, die hauptsächlich in den Buddhistischen Blättern erschienen.
Er erwähnt auch Wolfgang Bohn (Vassettho, 1871–?),⁶⁹ später leitender Arzt der Kneipp-Kuranstalt Ziegenhals (Schlesien), ab etwa 1910 in Dölau Heide bei Halle wohnend. Er gab 1912/13 in IBW (Indien und die Buddhistische Welt) Weisheitssprüche aus dem bereits erwähnten tibetischen Legendenwerk Dsanglun heraus. Ein Foto von Bohns „buddhistischer Votivstätte“ in Dölau 1911 – gelegentlich irrtümlich als „Stupa“ (Pagode, Dagoba, Tschörten) bezeichnet – mit Arzt und Landhausbesitzer Bohn,⁷⁰ Karl Seidenstücker und Carl Theodor Strauss (1852–1937), findet sich bei Martin Baumann 1995 und im Buddhist yearly 1970 ausführlich mit einer Architekturzeichnung.⁷¹
Der in Luxemburg lehrende Philosophie- und Buddhismushistoriker Volker Zotz⁷² behandelt auch den Arzt Wolfgang Schuhmacher (1908–1961), der seit 1926 ein Anhänger des Arztes und Buddhisten Paul Dahlke (1865–1928) gewesen war. Ab 1930 war er Nationalsozialist. Er wollte, wie einige andere auch, Buddhismus und Nationalsozialismus verbinden.⁷³ 1933 gründete er die Zeitschrift Wiedergeburt und Wirken. Er organisierte im September 1933 in Berlin den 1. Internationalen Buddhistischen Kongreß auf deutschem Boden, gab 1942–44 ein Seneca-Brevier heraus und wandte sich 1943–45 dem Mahayana zu. Ab 1952 war er Chefarzt eines Tbc-Sanatoriums. Dort beging er schließlich nach dem Mauerbau 1961 Suizid.
Bereits in den fünfziger Jahren gab Friso Melzer (Künzelsau), unter dem Titel „Meditation: Ein Literaturbericht als Übersicht über die gegenwärtige Lage“⁷⁴ in der Theologischen Literaturzeitung einen Überblick aus evangelisch-christlicher Sicht. Er erwähnt auch Leopold von Schröder, Helmuth von Glasenapp, Rudolf Steiner, Friedrich Rittelmeyer (1872–1938) und seine Briefe zur Meditation, Paul Brunton, Hans-Ulrich Rieker (später Arya Maitreya Mandala), H.K. Iranschähr, Hari Prasad Shastri, Swami Sivananda Sarasvati, Ignaz von Loyola, Paul Rabbow, Johannes B. Lotz SJ, Romano Guardini, Carl Happich (1877–1947, tätig im Elisabethenstift Darmstadt, Chefarzt der Inneren Abteilung) und seine Schüler Otto Haendler (Berlin), Alfred Dedo Müller (Leipzig), Karl Bernhard Ritter, Wilhelm Stählin und Friso Melzer, Pater Emmanuel von Severus (Maria Laach, Benediktiner), Alfons Rosenberg und schließlich das Autogene Training als heute weit verbreitete Methode zur Entspannung. Inwieweit zum Beispiel der erwähnte Alfred Dedo Müller Einfluß in Leipzig ausübte und welche Wirkung die anderen Ärzte, Forscher und Lehrer eventuell in der DDR entfaltet haben, läßt sich heute schwer sagen. Sicher ist nur, daß in den fünfziger Jahren zu diesen Themen sehr viel mehr Reisebewegungen und Referentenaustausch stattgefunden haben. Dies zeigt etwa die Vortragsliste der frühen Ulmer Volkshochschule, die von Inge Aicher-Scholl (1917–1998) gegründet wurde.⁷⁵. Aus deren Kräftefeld ist die spätere Ulmer Hochschule für Gestaltung (1953–1968) hervorgegangen, deren Trägerin die Geschwister-Scholl-Stiftung war.
Nach einem weiteren Jahr der Forschung sehe ich meine Vermutung bestätigt, daß in der DDR-Zeit die Beschäftigung mit dem Buddhismus nicht etwa stillgestellt war, sondern daß dies vielfach im Verborgenen geschehen mußte, und daß das Wissen über das Vorhandene nicht tradiert werden konnte bzw. sollte, entweder aus Desinteresse und Unvermögen oder aber aus bewußter Ablehnung.
Lohnenswert erscheint mir im Zusammenhang der fünfziger und sechziger Jahre daher auch eine bislang nicht vorliegende Untersuchung der Passagen über Buddha und Laotse, Buddhismus und Nagarjuna, Schopenhauer und das Tao Te King in den drei Bänden von Ernst Blochs Opus Magnum Das Prinzip Hoffnung. Immerhin lehrte Bloch 1950 bis 1956 in Leipzig. Auflagen seiner Bücher waren in der DDR der fünfziger Jahre manchmal binnen Tagesfrist ausverkauft, und sie wurden sicherlich nicht nur von Carlfriedrich Claus eifrig studiert.
Viele andere Buddhismusforscher und buddhistische Lehrer dieser Epoche könnten in die DDR hinein gewirkt haben, wie etwa die Bruderschaft Berlin des Mahayana-Ordens Arya Maitreya Mandala um Lionel Stützer und Roland Berthold, welche 1966 bis 1968 acht Nummern der Blätter für Mahayana-Buddhismus herausgegeben hat, gefolgt von den neben Garuda und Godestal einzigen auch emanzipatorisch politisch orientierten buddhistischen Blättern, den Berichte 69.⁷⁶ Wolfgang Schüler weiß zu berichten, der Arzt und Nachfolger von Lama Anagarika Govinda (1898–1985) in der Ordensleitung des AMM 1982–1999, Karl-Heinz Gottmann (1919–2007), habe in ausführlichem Briefkontakt mit Heinz Kucharski gestanden.
Wenn der Weg nach Westen bald versperrt war, so war der in die „sozialistischen Bruderländer“ wie die UdSSR⁷⁷, die ČSSR⁷⁸, Burma oder Vietnam⁷⁹ doch wahrscheinlich für einige offen, etwa nach Ungarn, wo Ernest Hetényi (1912–1999)⁸⁰ tätig gewesen ist oder nach Leningrad (St. Petersburg), in die kalmückischen und burjatischen Sowjetrepubliken bzw. in die Mongolei – zumindest in den Jahrzehnten nach Stalin.
Aus letzterem Land stammt der vielleicht aktuell berühmteste Repräsentant asiatischer Religiosität in der damaligen DDR, der tuvinische Stammesführer und Schamane Galsan Tschinag (Jahrgang 1944)⁸¹, der im Westen vor allem als Schriftsteller⁸² bekannt ist. Er studierte von 1962 bis 1968 Germanistik an der Karl-Marx-Universität in Leipzig „und beendete sein Studium mit einer Diplomarbeit über Erwin Strittmatter“.⁸³ Nach dem Diplom war er als der erste Deutschlehrer der damaligen Mongolischen Volksrepublik tätig, dessen Auftrag allerdings nach achtjähriger Fron mit einem Berufsverbot auf Lebenszeit endete.
Eine Mitteilung im Tätigkeitsbericht des Museums für Völkerkunde zu Leipzig aus dem Jahre 1958 läßt dagegen eher schmunzeln: Man habe „nach einem Museumsoriginal die Figur eines ‚Dickbauch-Buddhas‘ geformt, die von einer Porzellanfabrik in größerer Auflage hergestellt wurde“, zum Verkauf an die Besucher.⁸⁴
Sicherlich spannend wäre in diesem Zusammenhang der Vergleich mit den zeitlich davor liegenden, anspruchsvollen Forschungen und Ausstellungen von Siegbert Hummel (1908–2001), der von 1947 bis 1955 Kurator der Asienabteilung des Museums gewesen ist, einer der bedeutendsten Orientalisten Europas und ein engagierter, polyglotter Buddhismusforscher. Er lebte nach seiner Entlassung aus politischen Gründen ab 1955 zurückgezogen, aber höchst produktiv und international vernetzt im Vogtland. Im Jahr seiner Leipziger Promotion 1948 kuratierte er die Ausstellung „Weltbild des Buddhismus“⁸⁵. Carlfriedrich Claus besuchte das Leipziger Völkerkundemuseum erstmals im Oktober 1959, geführt vom damaligen Direktor Hans Damm.
Chronologisch und zum Teil auch inhaltlich geht das komplexe Thema „Buddhismus in der DDR“ dann über in Forschungsthema 47 „Tibet im Exil 4: Der 6.12.1989 in Ost-Berlin. Der Dalai Lama trifft Bärbel Bohley, Ulrike Poppe, Marianne Birthler, Irena Kukutz und 150 weitere Aktivisten der Bürgerbewegung der DDR“,⁸⁶ welches dem Archivbereich Alternativkulturen/Archiv 68 in Raum 1 zugehört, während das oben umrissene Sammlungsgebiet in der Neun Yanas Bibliothek gepflegt wird. Das Forschungsnetzwerk Alternativkulturen 1970–2000 ist seit Mai 2011 offen für qualifizierte Vorschläge wie Beiträge.
Die vorliegende Studie ist Ergebnis einer Spurensuche, welche ohne Forschungsförderung und breit angelegte Interviewprojekte auskommen mußte. Sie will daher keineswegs fachsoziologischen oder politikwissenschaftlichen Ansprüchen genügen. Sie basiert auf Literatur- und Quellenrecherche, Sammlungstätigkeit, Zeitzeugen-Interviews und Korrespondenz. Der zugrundegelegte Feldbegriff für das Thema ist transdisziplinär, weil sein Gegenstand es ist. So wurden kunst- und religionswissenschaftliche, ethnologische und soziologische, literarische und buddhistische Quellen ausgewertet. Am Beispiel vorerst weniger Personencharakteristiken und Lebenswege, den beschriebenen zeitgeschichtlichen Ereignissen und Publikationen und den ausführlichen Quellenhinweisen hofft der Verfasser einige aus seiner Sicht wesentliche Aspekte des Themas und wichtige Desiderate der Forschung benannt und Anregungen für umfassendere Untersuchungen zum Buddhismus in der DDR gegeben zu haben. ■
Fußnoten
¹ Vorliegende Fassung dieser Studie erschien zuerst in der Zeitschrift des Forschungsverbunds SED-Staat (ZdF) an der Freien Universität Berlin, Ausgabe Nr. 31/2012, Halle/Saale 2012, S. 133-147. Die Internetpublikation erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Autors sowie des Leiters des Forschungsverbunds, Dr. Jochen Staadt.
² Aus der Vielzahl vorliegender Werke zum Thema empfehle ich hier: Gäng, Peter: Was ist Buddhismus? Frankfurt/New York 1996.
³ Vgl. Götze Regenbogen, Thilo: Alternativkulturen im deutschsprachigen Raum: Forschungsnetzwerk, Tagung, Symposium, Ausstellung, Museum; Berliner Skizze: 1. Mai 2011 (Typoskript-PDF, erhältlich auf begründete Nachfrage bei Thilo Götze Regenbogen, E-Mail-Adresse: tgr@tgregenbogen.de). Die Zahl von 189 Teilprojekten bezieht sich auf die aktuelle Arbeitsdatei.
⁴ Zum aktuellen Forschungsstand vgl. Götze Regenbogen, Thilo: „Bewegt-bewegend“ – Carlfriedrich Claus und Ernst und Karola Bloch: Korrespondenzen 1960–1985. Ein erster Blick in das Gerhard Wolf-Konvolut. In: Scherer, Irene/Schröter, Welf (Hrsg.): Karola Bloch – Architektin, Sozialistin, Freundin. Mössingen-Talheim 2010, S. 243–306, und ders.: Ein Eurasier der Sprachprozesse: Carlfriedrich Claus zum 80. In: ders.: Feldbefreier in Kunst, Weisheit und Wissenschaft: Buddhismus und Kunst, Zweiter Teil, Bd. 3 der Schriftenreihe des Raum 1 Forschungsinstituts für Gegenwartskunst Hofheim am Taunus. Marburg, Dezember 2010, S. 238–262.
⁵ Geipel, Ines/Petersen, Andreas: Black Box DDR: Unerzählte Leben unterm SED-Regime. Wiesbaden 2009.
⁶ Lokatis, Siegfried/Sonntag, Ingrid (Hrsg.): Heimliche Leser in der DDR: Kontrolle und Verbreitung unerlaubter Literatur. Berlin 2008. Vgl. die Rezension in: ZdF 26/2009, S. 163 f.
⁷ Typisches Beispiel für diese Art Wissenschaft – und auf seine Weise heute noch lehrreich – ist das von Georg Klaus und Manfred Buhr herausgegebene Philosophische Wörterbuch aus dem Jahre 1964. Unter dem Stichwort Religion findet sich in dem einzigen Absatz über den Buddhismus die Behauptung: „Das Zentrum des Buddhismus ist heute Japan.“! Welche materielle Lage dieser Wissensstand wohl widerspiegelt? Auf ein neueres prägnantes Beispiel kurz vor der friedlichen Revolution machte mich freundlicherweise Anja Kirsch aufmerksam. Vgl. Pollack, Detlef: Religion und Kirche in der DDR. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig, Gesellschaftswissenschaftliche Reihe, 37. Jg. 1988, Heft 1, S. 92–104.
⁸ Berücksichtigt werden muß hier auch, daß „der innere Motor der [sowjetmarxistischen; TGR] Bewegung“ von einem „tiefen und echten Glauben an die Wahrheit der Lehre angetrieben“ war, wie Stefan Wolle schreibt. Dies bedeutet auch, daß sofort Glaube gegen Glauben stand, wenn es um Religion ging, mit dem besonderen Akzent, daß der eine Glaube für sich die Wissenschaftlichkeit reklamierte, was bis heute sehr modern ist. Vgl. Wolle, Stefan: Aufbruch nach Utopia: Alltag und Herrschaft in der DDR 1961–1971. Berlin 2011, S. 323. Die Partei-Ideologie war dabei gleichzeitig Instrument zum Machterhalt der Eliten wie Handlungsanweisung für alle, deren Richtungskompetenz sich die SED allein zuschrieb. Glaube, Liebe, Treue und Hingabe wurden weniger inspiriert als suggeriert und gefordert, wozu auch die Ausführungen von Wolle, Stefan: Der Traum von der Revolte: Die DDR 1968. Berlin 2008, S. 17 aufschlußreich sind.
⁹ Pollack: Religion und Kirche, S. 92. Charakteristisch auch ders.: Wirklichkeitsflucht oder Wirklichkeitsbewältigung – Was ist Religion? In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 38:7 (1990), S. 660–668. Den Hinweis darauf verdanke ich ebenfalls Anja Kirsch (Basel).
¹⁰ Nämlich das „Wechselverhältnis von Religion und Gesellschaft“. Vgl. Pollack: Religion und Gesellschaft, S. 93. Sie müßte sonst zugeben, daß die Theologie sich mit Themen befaßt, von denen die marxistische Religionssoziologie nichts verstehen kann, wenn sie sich nicht grundsätzlich in Frage stellen will. Vgl. zu dieser Kulturfeldproblematik: Götze Regenbogen: Feldbefreier, S. 192–196.
¹¹ Vgl. Usarski, Frank: „Alternative Religiosität“ in Ostdeutschland im Kontinuum zwischen cult-movements und Esoterik-Angeboten. In: Pollack, Detlef/Pickel, Gert (Hrsg.): Religiöser und kirchlicher Wandel in Ostdeutschland 1989–1999. Opladen 2000, S. 310–327, Zitat S. 320. Vgl. auch die dortigen Quellenangaben. Schwerpunkte sind Kirche und Christentum. Alles andere heißt weiterhin „Alternative Religiosität“. Eine explizite Suche nach dem Buddhismus oder anderen Religionen in der DDR und nach der Wende scheint gar nicht beabsichtigt gewesen zu sein.
¹² Vgl. Bloch, Karola: Aus meinem Leben. Mössingen-Talheim 1995, S. 271; ebd. S. 273 auch zu Diskriminierung und Parteiausschluß von Karola Bloch; zum Lehr- und Veröffentlichungsverbot für Ernst Bloch vgl. Zudeick, Peter: Der Hintern des Teufels: Ernst Bloch – Leben und Werk. Moos/Baden-Baden 1985, S. 378.
¹³ Kampen, Thomas: Sinologie im 20. Jahrhundert: Heidelberg Deutschland International. Heidelberg 2011 enthält auf S. 28 ff. ein Kapitel zur DDR-Sinologie, auf S. 59 ff. zu Dissertationen und auf S. 66 f. zu Diplom- und Staatsexamensarbeiten in der DDR.
¹⁴ Vgl. etwa die umfassende Stellungnahme zum 20. Jahrestag der Gründung der DDR durch den Indologen und Kunsthistoriker Heinz Mode im Hallenser Jahrbuch Buddhist yearly 1968/69, S. 5–20.
¹⁵ So auch die ausführliche Antwort auf Leserbriefe in Buddhist yearly 1970, S. 37–40.
¹⁶ Einen fundierten und weiterhin aktuellen Überblick zur Problemlage und den Forschungsdesideraten bietet Kirsch, Anja: Religionen im Realsozialismus: Widerspruch oder Tatsache? Eine wissenschaftliche Expertise zum aktuellen Forschungsstand. In: Zeitschrift für junge Religionswissenschaft, Vol. III, Ausgabe 01/2008, S. 43–72.
¹⁷ Deutsche Buddhistische Union (DBU, Hrsg.): Chronik des Buddhismus in Deutschland, Schriftenreihe der DBU Nr. 5, Plochingen 1985, S. 33.
¹⁸ Mitteilungsblatt der Buddhistischen Gesellschaft Hamburg (MBl, seit 1955; ab April 1962: Buddhistische Monatsblätter, BM) 1965, S. 27 und 75 lt. Hecker. Aufsätze von Udeno (Wolfgang Schüler) in den MBl gibt Hecker für folgende Ausgaben an: 1964, S. 31; 1965, S. 101; 1982, S. 116; 1984, S. 75.
¹⁹ Baumann, Martin: Deutsche Buddhisten: Geschichte und Gemeinschaften. Marburg 1995, S. 109. Vgl. auch Zotz, Volker: Auf den glückseligen Inseln: Buddhismus in der deutschen Kultur. Berlin 2000.
²⁰ Connection 6, I, 1990, S. 27, zitiert nach Baumann: Buddhisten. Hecker schreibt in: Chronik, S. 60, Wolfgang Schüler sei Österreicher. Dies trifft nur auf seinen Vater zu; Schüler ist in Leipzig geboren.
²¹ Das Eichsfeld ist eine katholische Enklave in Thüringen mit einer Vielzahl von (zum Teil ehemaligen) Klöstern. Vgl. auch die Schwestern Felicia, Theresita und Monika, Klausur im Eichsfeld. In: Geipel/Petersen: Black Box, S. 209–217.
²² Martin Baumann teilte dem Verfasser am 26.04.2012 mit, Hecker sei seine Hauptquelle für die betreffenden Aussagen zu Schüler gewesen. Eigene Untersuchungen zur DDR habe er 1993 für seine Dissertation nicht angestellt. Zum „Haus der Stille“ vgl. Schumann: Buddhismus, S. 60, 64 f. und im Internet: www.hausderstille.org.
²³ Baumann: Buddhisten, S. 72, 109 und Chronik, S. 59 f.
²⁴ Für freundlich gewährte Auskünfte am 30.09.2010, 23.04. und 04.05.2012 sage ich Wolfgang Schüler (Leipzig) herzlichen Dank.
²⁵ Telefonat 04.05.2012.
²⁶ In die Tat umgesetzt von acht Leipzigern um den Indologen Karl Bernhard Seidenstücker (1876–1936); vgl. Mürmel, Heinz: Buddhismus und Theosophie in Leipzig vor dem Ersten Weltkrieg. In: Hutter, Manfred (Hrsg.): Buddhisten und Hindus im deutschsprachigen Raum, Akten des Zweiten Grazer Religionswissenschaftlichen Symposiums 2.–3.3.2000, Frankfurt a. M./Berlin 2001, S. 123–136 und Usarski, Frank: Merkmale der frühen deutschen Buddhismusrezeption. In: Mauss, Buddhismus, Devianz – Festschrift für Heinz Mürmel zum 65. Geburtstag, hrsg. v. Hase, Thomas/Graul, Johannes/Neef, Katharina/Zimmermann, Judith. Marburg 2009, S. 233–252.
²⁷ H. Preißler (ergänzt durch H. Mürmel), Religionswissenschaft in Leipzig – Grundlinien; auf der Website des Religionswissenschaftlichen Instituts der Universität Leipzig (abgefragt 30.04.2012). Aus dieser Arbeit hervorgegangen ist auch das Religionswissenschaftliche Forum Leipzig (re-form leipzig) e.V., welches bis 2012 die aktuelle Lage der Religionen vor Ort erforscht hat.
²⁸ Hoet, Michael den: Buddhismus in der DDR. Aus: Buddhismus im deutschen Kulturkreis. In: Buddhismus heute 35/2003.
²⁹ Das in vieler Hinsicht aufschlußreiche Gespräch, für das ich zu danken habe, fand dort am 15.04.2011 statt. Vgl. zum sehr sehenswerten Ort auch Rückel, Robert (Hrsg.): DDR-Führer: Das Buch zur Dauerausstellung des DDR-Museums. Alltag eines vergangenen Staates in 22 Kapiteln. Berlin 2008.
In unserem Zusammenhang vgl. besonders Wolle: Traum, und ders.: Aufbruch. Ein dritter Band zu den fünfziger Jahren in der DDR soll im Frühjahr 2013 erscheinen.
³⁰ Vgl. auch Wolle: Traum, S. 19. Der Vermutung staatsoffiziellen Ruhms steht allerdings entgegen, daß die SED-Tageszeitung Neues Deutschland niemals einen Bericht über Modes umfangreiche Bemühungen gebracht hat, kein Porträt, nicht einmal einen Nachruf. Vgl. Anm. 63.
³¹ Mode, Heinz: Fabeltiere und Dämonen: Die phantastische Welt der Mischwesen. Leipzig 1977. Nach seiner Dissertation über die Skulptur Ceylons (1942) hat Heinz Mode zahlreiche Veröffentlichungen mit Schwerpunkt auf indischer Kunst und Kultur vorgelegt.
³² Schumann: Buddhismus, S. 61. Eine etwas ausführlichere Würdigung findet sich dann in: Chronik, S. 60. Hecker erwähnt ebd. außerdem eine Zen-Gruppe (Kapleau-Schule) in Kattowitz und eine tibetisch-buddhistische Gruppe in Stettin. In der zweiten Auflage der Chronik, Hamburg 1978, S. 36 nennt der Autor auch einen in Dresden von dem Heilpraktiker Gerhard Hoyer gegründeten buddhistischen Meditationskreis. Hoyer sei dann Ende der fünfziger Jahre in die Bundesrepublik gegangen. Was wurde aus den anderen Teilnehmern dieses Kreises? Zur Buddhismusforschung in der DDR kann man durch die Publikationen des Buddhist Centre Halle einen besseren Überblick gewinnen als ihn Schumann 1974 hatte.
³³ Zu den Details vgl. auch die in den kunst- und religionswissenschaftlichen Aspekten ausführlichere, zeitlich aber ältere Fassung vorliegender Studie: Götze Regenbogen, Thilo: Buddhismus in der DDR als Forschungs- und Sammlungsschwerpunkt der Neun Yanas Bibliothek. Alternativkulturen im deutschsprachigen Raum 1970–2000: Forschungsbericht 1.2012, Heft 5 der Folge FUNDUS, Hofheim am Taunus 2012.
³⁴ Kucharski, Heinz: Mönch und Landschaft – Malerei des Zen-Buddhismus in Ostasien. In: Mitteilungen aus dem Museum für Völkerkunde zu Leipzig, Nr. 1/2, 1967, S. 11–15. Vgl. auch Dorst, Dietrich: Wegweiser durch Geschichte und Ausstellungen. Leipzig 1971. Einen guten Überblick über die hier relevanten Orte der Museumslandschaft der DDR gibt Germer, Ernst: Völkerkundliche Sammlungen in der Deutschen Demokratischen Republik. In: Abhandlungen und Berichte des Staatlichen Museums für Völkerkunde Dresden, Forschungsstelle Bd. 39, Berlin 1982, S. 7–53.
³⁵ Im Bundesarchiv finden sich allein 18 Nachweise solcher Gutachten (Bestellsignatur DR 1/3234, hier Paul List Verlag Leipzig 1966–1970).
³⁶ Bottin, Angela: Enge Zeit: Spuren Vertriebener und Verfolgter der Hamburger Universität. Berlin/Hamburg 1992, S. 21.
³⁷ Gedenkstätte Deutscher Widerstand (Hrsg.): Begleitmaterialien zur Ausstellung „Widerstand gegen den Nationalsozialismus“. Berlin o. J. (2000), Bereich 16.3 R „Weiße Rose Hamburg“. Faksimiles der sechs Flugblätter Bereich 16.4 F – 16.9 F.
³⁸ Zankel, Sönke: Mit Flugblättern gegen Hitler: Der Widerstandskreis um Hans Scholl und Alexander Schmorell. Köln u. a. 2008, S. 517 ff., 535 f., 539 f.
³⁹ Ebd. S. 535 f. Wie weit diese Vorwürfe sich auch Nationalismus und Anti-Kommunismus verdanken, kann nur im Einzelnen und vor dem Zeithintergrund geklärt werden.
⁴⁰ Ebd. S. 542.
⁴¹ Ebd. S. 541.
⁴² Steffahn, Harald: Die Weiße Rose mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten dargestellt. Reinbek 2011, S. 128.
⁴³ Zankel: Mit Flugblättern, S. 542. Hochmuth, Ursel/Meyer, Gertrud: Streiflichter aus dem Hamburger Widerstand 1933-1945. Frankfurt am Main 1969, S. 79 f., 387–420; die ausführlichste Darstellung aus sozialistisch-kommunistischer Sicht.
⁴⁴ Vgl. dazu das zweite Flugblatt der Weißen Rose betreffend: Zankel: Mit Flugblättern, S. 259–263. Weitere Hinweise zum Einfluß des Freundes Otl Aicher (1922–1991) und zu Werner Scholl, der Laotse für sich entdeckt und eine kleine Bibliothek der Weltreligionen mit Buddha, Konfuzius und Sanskrit-Schriften angelegt hatte in: Steffahn. Weiße Rose, S. 32 ff.
⁴⁵ Bassler, Sibylle: Die Weiße Rose: Zeitzeugen erinnern sich. Reinbek 2006, S. 36–61.
⁴⁶ Laut Zankel: Mit Flugblättern, S. 540 handelte es sich nur um das dritte Flugblatt der Weißen Rose, welches auch nur in wenigen maschinenschriftlichen Durchschlägen Verbreitung fand, nicht in hunderten Exemplaren, wie Katrin Seybold behauptet hat.
⁴⁷ Informationen aus dem Wikipedia-Artikel zu Heinz Kucharski (abgerufen 24.09.2010) und Gedenkstätte Deutscher Widerstand, siehe Anm. 37. Siehe auch das Material zur Ausstellung Traute Lafrenz auf der Website der Weiße Rose Stiftung München (www.weisse-rose-stiftung.de) und Bottin: Enge Zeit, S. 87.
⁴⁸ Laut Mitteilung der Stiftung Weiße Rose, Frau Ursula Kaufmann vom 11.05.2012 an den Verfasser wird der Standpunkt von Frau Seybold keineswegs von allen geteilt. Diese teilte dem Verfasser freundlicherweise mit, ihre Aussagen beruhten auf ausführlichen Interviews mit Traute Lafrenz, Hermann Degkwitz, Heinz Grosse, Hannelore Willbrandt und Angela Bottin. Der gerade erschienene Band von Peter Normann Waage: Es lebe die Freiheit!: Traute Lafrenz und die Weiße Rose. Stuttgart 2012, enthält auf S. 242 ff. ein Kapitel zu Kucharski, das leider noch nicht eingesehen werden konnte.
⁴⁹ Telefon-Interview vom 30.09.2010.
⁵⁰ Vgl. auch den 1979 durch Kucharski und andere gegründeten Leipziger Arbeitskreis für Yoga und altindische Medizin (Yoga Darshana) und den informativen Beitrag von Dr. Christian Fuchs, Yoga in der DDR – eine kurze Übersicht, S. 8; Teil seiner Anmerkungen zur Geschichte und Gegenwart des Yoga in Deutschland, auf der Internetseite der yoga-akademie.de/YoInDeutsch.html (Abk. „Yoga in der DDR“, Abruf 23.4.2012). Aus diesem Arbeitskreis sind auch Dietrich Ebert, Autor des 1986 erschienenen Werkes „Physiologische Aspekte des Yoga“, und Martina Bley, heute wissenschaftliche Fachexpertin an der Yoga University Villeret (Schweiz), hervorgegangen.
⁵¹ Vgl. dazu Gäng: Was ist Buddhismus?, S. 125 ff., 169 ff..
⁵² Vgl. Neumann, Hans: Burchard Brentjes 65 Jahre. In: Altorientalische Forschungen, Jg. 22, 1995, Bd. 1, S. 5 ff.
⁵³ Vgl. Rühlmann, G.: Die Orientalische Archäologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (1948–1969): Bibliographische Übersicht über die Publikationstätigkeit der Mitarbeiter. Halle/Saale 1970. Mode, Markus: Wissenschaftsbereich Orientalische Archäologie 1969–1984, Verzeichnis der an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg erschienenen Schriften zur Geschichte und Kultur des Orients. Halle/Saale 1985.
⁵⁴ Neumann: Brentjes, S. 5.
⁵⁵ So erschien etwa die Untersuchung von Herbert Plaeschke (1928–2002) zur Buddhistischen Kunst in diesem Verlag.
⁵⁶ Stefan Wolle im Interview, siehe Anm. 29.
⁵⁷ Zu diesem Teilbereich, der nicht unmittelbar mit dem Buddhismus in der DDR zu tun hat, aber voller Parallelen dazu ist, vgl. Yoga in der DDR. Der Autor merkt auch an, daß die „Kontakte zur westlichen Yoga-Szene“ durch den „Fall der Mauer 1989 natürlich erheblich intensiviert und erweitert“ wurden.
⁵⁸ Einige Fotos und diverese Hintergrundmaterialien finden sich jetzt im Internet unter www.orientarch.uni-halle.de/hist/index.html (Abruf 21.04.2012).
⁵⁹ Wolle: Traum, S. 18.
⁶⁰ Vgl. die Abb. zu diesem Beitrag.
⁶¹ Peuke, Hans-Joachim (Hrsg.): Zum Indienbild in der DDR, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Wissenschaftliche Beiträge 1983/33. Halle/Saale 1983. Beiträge einer Arbeitstagung am 02.03.1982, veranstaltet von der Arbeitsgemeinschaft für Buddhistische Forschungen in der DDR und sicherlich eine der aufschlußreichsten Publikationen zur Tätigkeit der AG mit einem Verzeichnis der Arbeiten von Heinz Mode 1970–1982 und einer Würdigung zu seinem 70. Geburtstag, Ausstellungsberichten und Einblicken in wichtige Museumssammlungen der DDR.
⁶² Wolle: Traum, S. 18.
⁶³ Für Recherche dankt der Verfasser Angela Wichmann, Neues Deutschland, Abt. Information/Dokumentation, Berlin, Mitteilung vom 06.05.2012.
⁶⁴ Hecker, Hellmuth: Lebensbilder deutscher Buddhisten: Ein bio-bibliographisches Handbuch, Bd. 1: Die Gründer [1990], Stammbach 1996, S. 170–199.
⁶⁵ Hecker, Hellmuth: Lebensbilder deutscher Buddhisten: Ein bio-bibliographisches Handbuch, Bd. 2: Die Nachfolger [1992], S. 223 ff.
⁶⁶ Hecker gibt in der zweiten Auflage seiner Chronik an, die Blätter seien bis 1965 erschienen.
⁶⁷ Mürmel, Heinz: Der Beginn des institutionellen Buddhismus in Deutschland – Der Buddhistische Missionsverein in Deutschland (Sitz Leipzig). In: Universität Hamburg/Asien-Afrika-Institut, Weiterbildendes Studium Bd. 11: Buddhismus in Geschichte und Gegenwart – Erneuerungsbewegungen 2006, S. 157–173, hier S. 173.
⁶⁸ Unter den indischen Gründungsmitgliedern des Ordens befand sich auch der Dichter Rabindranath Tagore, über den Heinz Mode 1976 eine Monographie verfaßt hat, für die Kucharski ein Druckgenehmigungsgutachten schrieb; vgl. Wikipedia-Seite „Arya Maitreya Mandala“, S. 2 (eingesehen 09.05.2012) und Bundesarchiv (Union Verlag Berlin, Signatur DR 1/2440).
⁶⁹ Chronik, S. 28–31. Vgl. auch Buddhist yearly 1970, S. 55 f. (Kurt Rauchbach). Von Vasettho erschien 1910 im Verlag Walter Markgraf der Band „Buddhismus als Reformgedanke für unsere Zeit“.
⁷⁰ Buddhistische Warte, 3. Jg., 1911, H. 3–4, , Zitat dort S. 106 nach: Baumann: Buddhisten, S. 58. Dort auch Abb. Bohn, auch bei Hecker: Lebensbilder 1992, S. 17–20. Vgl. Zotz: Glückselige Inseln, S. 151 ff., 174, 243, 273, 332, 334 f., 353.
⁷¹ Baumann: Buddhisten, S. 58. Vgl. auch Zotz: Glückselige Inseln.
⁷² Ebd. S. 207 f.
⁷³ Vgl. Stuchlik, Jakob: Der arische Ansatz: Erich Frauwallner und der Nationalsozialismus, Wien 2009 und Schnurbein, Stefanie von/Ulbricht, Justus H. (Hrsg.): Völkische Religion und Krisen der Moderne: Entwürfe „arteigener“ Glaubenssysteme seit der Jahrhundertwende. Würzburg 2001.
⁷⁴ Melzer, Friso (Künzelsau): Meditation: Ein Literaturbericht als Übersicht über die gegenwärtige Lage. In: Theologische Literaturzeitung Nr. 6, 82. Jg., 1957, Sp. 415–420. Zu diesem Autor vgl. auch Wege zur Ganzheit: Festschrift zum 75. Geburtstag von Lama Anagarika Govinda von seinen Schülern und Freunden, Almora/Indien: Kasar-Devi-Ashram-Publication 1973, S. 238 ausführlich akademischer Weg und Publikationen bis 1973.
⁷⁵ Scholl, Inge: Die Weiße Rose. Frankfurt a. M. 2012, S. 2. Nachlaß im Institut für Zeitgeschichte München-Berlin, Bestand ED 474.
⁷⁶ Chronik, S. 59. Die drei erwähnten Zeitschriften finden sich im Archiv Alternativkulturen der Sammlung Thilo Götze Regenbogen, Hofheim am Taunus.
⁷⁷ Vgl. etwa Kotschetow, A. N.: Die buddhistische Forschung in der UdSSR. In: Buddhist yearly 1967, S. 86–118 und Potapov, L. P.: Das Museum für Anthropologie und Ethnographie der Akademie der Wissenschaften der UdSSR (Zum 250jährigen Bestehen des Museums). In: Jahrbuch des Museums für Völkerkunde zu Leipzig, Bd. XXIII, Berlin 1966, S. 149–170.
⁷⁸ Wolfgang Schüler erwähnte mehrfach, daß es dort buddhistische Gruppen gegeben habe.
⁷⁹ Vgl. Lange, Kristina: Buddhistische Mönche in Vietnam. In: Mitteilungen aus dem Museum für Völkerkunde zu Leipzig, Nr.1/1964, S. 5 f., welche auch auf die damals wie heute wieder aktuelle Thematik der politisch motivierten Selbstverbrennungen eingeht.
⁸⁰ Vgl. Hetényi, Ernest: Eine kurze Geschichte des Buddhismus in Ungarn. In: Wege zur Ganzheit, S. 75–78. Die ungarische buddhistische Mission, seit 1951 bestehend, trat dem buddhistischen Orden Arya Maitreya Mandala als osteuropäisches Zentrum bei, „um die buddhistischen Organisationen der Nachbarstaaten in ihrer Entwicklung zu unterstützen. In diesem Sinne arbeitet die Mission seit 1957“. 1956 wurde dazu das internationale Alexander Csoma de Körös Institut für Buddhologie gegründet, dessen Direktor Ernö Hetényi gewesen ist (S. 78). Zum Autor ebd. S. 236. Der AMM gedachte seines Pioniers zu dessen 100. Geburtstag im Februar 2012 in Wien.
⁸¹ Eine ORF/3Sat-Fernsehproduktion von Oliver Stadler unter dem Titel „In der Mitte ein Feuer“ (45 Min., Erstausstrahlung 04.03.2012) zeigt ihn, Sohn einer Schamanin, der zweimal im Jahr mehrere Wochen bei seiner Sippe in den weiten Hochebenen des Altai-Gebirges (Bezirk Bayan-Ölgii) verbringt und selbst ein Heiler und Schamane geworden ist.
⁸² Seine Autobiografie liegt seit 2008 vor: Tschinag, Galsan: Die Rückkehr: Roman meines Lebens. Berlin 2010. Charakteristisch für sein Gesamtwerk ist, wie traditionelles Nomadenleben der turksprachigen Tuva und Moderne scheinbar unversöhnlich kontrastiert werden.
⁸³ Wikipedia-Eintrag zu Galsan Tschinag (abgefragt 2. Mai 2012) und Tschinag: Rückkehr, wo er auf S. 94 ff. einige besondere Momente dieser Zeit schildert. Vgl. auch seine Website www.galsan.info.
⁸⁴ Damm, Hans: Tätigkeitsbericht des Museums für Völkerkunde für das Jahr 1958. In: Jahrbuch des Museums für Völkerkunde zu Leipzig, Bd. XVII/1958, Berlin 1960, S. 7–13, hier S. 9.
⁸⁵ Wikipedia-Seite zu Siegbert Hummel (zuletzt eingesehen 02.05.2012). Dokumente dieser Ausstellung zeigte die Ausstellung „Der Zweite Raum 1 Akzent KB100CC75EB120DL70“ 03.09.-03.12.2005 in Hofheim am Taunus. Seine wundervolle Bibliothek gab Siegbert Hummel bereits 1998 komplett an das Tibetologische Institut der Universität Oslo, wie J. C. Aschoff, der sein Werk auch verlegerisch betreut hat, dem Verfasser am 10.04.2002 mitteilte. Per Kvaerne von der Universität Oslo, der die Übermittlung in die Wege geleitet hatte, bestätigte dies dem Verfasser im August 2006. Der heutige Standort ist die Ethnografic Library des Museum of Cultural History der Universiät Oslo. Eine Bibliografie des umfangreichen Schaffens von Hummel hat Per Kvaerne 1997 veröffentlicht: The Tibet Journal 12.4: p. 5–22.
⁸⁶ Kukutz, Irena: Chronik der Bürgerbewegung Neues Forum 1989-1990. Hrsg. v. d. Robert-Havemann-Gesellschaft, Berlin 2009, S. 111-112.